Neuwahl in Hessen: Otto Schily gibt den Oberchaoten
Neuer Streit ist das Letzte, was die Hessen-SPD derzeit gebrauchen kann. Trotzdem attackiert der Ex-Innenminister den Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel.
![](https://taz.de/picture/371470/14/schily_b_01.jpg)
WIESBADEN taz Die hessische SPD kommt nicht zur Ruhe. Zum einen hat deren Spitzenkandidat, Thorsten Schäfer-Gümbel, die Parteiausschlussverfahren gegen drei der vier Abweichler in der Landtagsfraktion offen unterstützt und damit für noch mehr Aufregung gesorgt. Und zum anderen bezweifelte der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily öffentlich die Eignung Schäfer-Gümbels als Spitzenkandidat.
Er kenne "Persönlichkeiten, die für die Spitzenkandidatur sehr geeignet gewesen wären", sagte Schily dem Hamburger Abendblatt. "Es sollte zweimal nachgedacht werden, bevor man Entscheidungen trifft."
Schäfer-Gümbel sagte der FAZ, in seiner Partei herrsche "große Enttäuschung" über das Verhalten von Jürgen Walter, Carmen Everts und Silke Tesch. Ein Rachefeldzug seien die Ausschlussverfahren aber nicht.
Carmen Everts aus dem südhessischen Kreisverband Groß-Gerau kündigte an, den geplanten Parteiausschluss mit allen rechtlichen Mitteln bekämpfen zu wollen. Weil ihr durch das Verfahren die Mitgliedsrechte aberkannt wurden und sie sich nicht um ein Mandat für die Neuwahl bewerben kann, spricht Everts zudem von einem "höchst undemokratischen und rechtlich problematischen Akt". Auch Silke Tesch will um den Verbleib in der SPD kämpfen. Dagegen möchte die frühe Dissidentin Dagmar Metzger, der kein Ausschlussverfahren droht, sich nicht mehr um ein Landtagsmandat bewerben. Sie warf der hessischen SPD-Spitze "inquisitorische Methoden" vor.
Und Jürgen Walter forderte die Partei- und Landtagsfraktionschefin Andrea Ypsilanti auf, bis zum Mittwoch den Fraktionsvorsitz umgehend an Schäfer-Gümbel abzugeben. An diesem Tag wird der hessische Landtag aufgelöst, im Januar wählen die Hessen ein neues Parlament. Dadurch würden Schäfer-Gümbels Chancen bei der Neuwahl steigen, sagte Walter weiter. Das sieht der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, inzwischen ähnlich. Ypislanti müsse den Fraktionsvorsitz Schäfer-Gümbel überlassen, sagte Struck in Super Illu - allerdings erst nach der Neuwahl und nur für den Fall, dass die SPD Oppositionspartei werde. Struck schließt "auf lange Sicht" auch eine Zusammenarbeit der SPD mit der Linken auch auf Bundesebene etwa "nach Lafontaine" nicht mehr generell aus.
Auch Schäfer-Gümbel schließt für die Zeit nach der Hessenwahl gar nichts mehr aus; keine Koalition mit der Linken und keine mit der CDU. Erstrebenswert sei aber beides nicht.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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