Neues Wahlrecht : Gibt es ein Ende der Kungelei?
Die GAL steht bei ihrem Kampf für ein durchgreifend neues Wahlrecht für Hamburg in der Bürgerschaft relativ allein da. Zwar haben sich auch alle anderen politischen Parteien für eine Wahlrechtsreform ausgesprochen, der Entwurf von SPD, CDU, FDP und Schill-Partei weist allerdings als Neuerung fast nur die Einführung von 50 Wahlkreisen auf. Nach Ansicht der Volksinitiative für ein neues Wahlrecht, die die Diskussion in der Stadt durch ihr Engagement erst angestoßen hat, würde sich in einem solchen Fall gegenüber dem Ist-Zustand faktisch gar nichts ändern. Auch dann noch würden KandidatInnen fürs Parlament vorrangig von den Parteigremien und nicht von den WählerInnen bestimmt.
Die Vorstellungen der Initiative, die von der GAL unterstützt werden, gehen denn auch viel weiter. Demnach soll es zwar auch Wahlkreise geben, allerdings nur 17. Die WählerInnen hätten die Möglichkeit, je Wahlkreis für bis zu fünf Abgeordnete zu votieren. Die Stimmen könnten auf Abgeordnete einer oder mehrerer Parteien verteilt werden. So sollten 71 der 121 Abgeordneten gewählt werden, die Übrigen würden dann über die Landesliste – das bislang einzig entscheidende Instrument der Abgeordnetenfindung – in die Bürgerschaft einrücken.
Für diese Ziele hat die Initiative im September ein Volksbegehren erfolgreich abgeschlossen. Weit mehr als die erforderlichen 60.000 Stimmen kamen innerhalb von 14 Tagen für die Wahlrechtsreform zustande. Abgestimmt werden soll über beide Entwürfe – den der Initiative und den der Bürgerschaftsmehrheit – parallel zur Europawahl im Juni. Wenn die Neuwahlen vom 29. Februar nun nicht dazwischengekommen wären, hätte die Reform im Erfolgsfall schon für die Wahl 2005 gegolten. Beim Urnengang in vier Wochen wird jetzt aber logischerweise noch nach dem alten System abgestimmt, das von der Volksinitiative als „das undemokratischste und veraltetste Wahlrecht in ganz Deutschland“ tituliert wird. PETER AHRENS