Neues Blutbad in Bagdad: 140 Tote in zwei Tagen
Erneuter Anschlag auf schiitische Pilger im Irak fordert 60 Tote. Am Donnerstag waren über 80 Menschen von Selbstmordattentätern getötet worden.
BAGDAD AP/AFP/dpa | Nachdem erst am Donnerstag bei zwei Selbstmordanschlägen im Irak über 80 Menschen ums Leben kamen, sind am Freitag bei zwei weiteren Anschlägen 60 Menschen getötet worden. Die Selbstmordattentäter sprengten sich vor dem wichtigsten schiitischen Heiligtum in der Hauptstadt Bagdad in die Luft. Beide Attentäter zündeten im Abstand von wenigen Minuten ihren Sprengstoffgürtel. Für die Tat wurden sunnitische Aufständische verantwortlich gemacht.
Zum Zeitpunkt der Tat strömten zahlreiche Gläubige zum Freitagsgebet in das Heiligtum, dem Grabmal des Imams Musa al-Kasim im Stadtviertel Kasimijah. Die Opfer befanden sich nach amtlichen Angaben auf einem Markt, von dem aus sie sich zum Freitagsgebet in das nahe gelegene Mausoleum begeben wollten. Ein Augenzeuge sagte, zunächst habe eine Frau an einem der beiden Haupteingänge zum Schrein einen Sprengstoffgürtel gezündet. Kurz darauf habe sich an dem zweiten Eingang ein Mann in die Luft gesprengt.
"Es ist schwer, die genaue Zahl der Toten zu bestimmen, weil überall Leichenteile liegen", sagte er. Mindestens 125 Menschen wurden verletzt, darunter 25 Pilger aus dem Iran. Das Grabmal war bereits mehrfach Ziel von Anschlägen. Zuletzt kamen dort Anfang April sieben Menschen ums Leben. Im Januar sprengte sich ein Mann in die Luft und tötete mehr als drei Dutzend Menschen.
Am Donnerstag hatte der Irak mit drei Selbstmordanschlägen, bei denen mindestens 87 Menschen starben, den blutigsten Tag seit mehr als einem Jahr erlebt. In der Nähe der Stadt Baakuba, nordöstlich von Bagdad, starben mindestens 56 Menschen, als sich ein Attentäter in einem Restaurant in die Luft sprengte. 52 der Todesopfer gehörten einer iranischen Pilgergruppe an.
Nördlich von Baakuba riss ein Selbstmordattentäter am Abend drei Menschen mit in den Tod, unter ihnen den Chef einer mit den US-Truppen verbündeten irakischen Miliz. 28 weitere Menschen wurden bei einem Anschlag in Bagdad getötet.
Die Anschläge laufen dem Trend der vergangenen zwei Jahre zuwider, während der sich die Sicherheitslage im Irak merklich verbesserte. Dazu trug unter anderem die Bildung von Milizen bei, deren Mitglieder - frühere Aufständische - mit den US- und irakischen Truppen zusammenarbeiten.
Angesichts der jüngsten Anschlagswelle werden Sorgen über die Sicherheitslage im Irak laut. Bis September 2009 plant die US-Regierung, 12.000 Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Der Großteil der Truppen soll das Land bis Ende August 2010 verlassen, der endgültige Abzug bis Ende 2011 vollzogen sein.
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