piwik no script img

Neues Album von Cakes Da KillaSaufen, ficken, Rechnungen zahlen

Party-Animal am Mikrofon: Der exzentrische US-Rapper balanciert zwischen entwaffnender Ehrlichkeit und gekonnter Performance.

Mit einer extravaganten Frisur und einem lockeren Mittelfinger gegen die schöde „Normalität“ Foto: Justin Eisner

Wenn Cakes da Killa auf der Bühne steht, nimmt er den ganzen Raum ein. Und das nicht allein wegen seiner stattlichen Größe, der US-Rapper misst an die zwei Meter. Es liegt vor allem an seinem exzentrischen Auftreten. Cakes Da Killa ist einer dieser Künstler, der nicht nur seine Tracklist runterspielt, sondern das Publikum wie ein Entertainer unterhält. Als zwei Frauen sich tanzend zu ihm auf das Podest bewegen, blafft er sie ironisch vorwurfsvoll an: „Hey, was wollt ihr denn hier? Verzieht euch, das ist meine Bühne.“

Cakes balanciert zwischen entwaffnender Ehrlichkeit und gekonnter Performance. Ob in seinen Songs oder im Gespräch, unverblümt redet er über Sex, Alkohol und Partys. Und lacht dabei immer wieder auf eine Art und Weise, die wohl am ehesten das Wort „nasty“ beschreiben würde. Schamlos. Die Reime des schwulen Rappers sind sex-positiv und freizügig, das Wort „bitch“ taucht in fast allen seiner Texte auf. Auch wenn mit der Aneignung von Gangsta-Rap-Slang ein emanzipatorisch antisexistischer Impetus mitschwingt, eigentlich geht es ihm vor allem darum, über seinen Alltag zu rappen. „Ich rede nicht über Sex, weil ich schwul bin. Ich rede einfach darüber, was ich so mache: saufen, ficken und Rechnungen zahlen. Aber wer will schon davon hören, wie ich Rechnungen bezahle?“

Über seine alltäglichen Erfahrungen und die Verarbeitung seiner ersten Trennung rappt Rashard Bradshaw auf seinem kürzlich erschienenem Album „Hedonism“ in einem Tempo, bei dem den Zuhörern die Spucke wegbleibt. In puncto Schnellsprech stellt er auch Rap-Legenden wie Busta Rhymes locker in den Schatten.

Cakes Da Killa bereichert das Genre ungemein, denn seine Beats passen nicht in die Mainstream-HipHop-Schublade. Zu sehr ist er beeinflusst von der New Yorker Ballroom-Szene, die vor allem aus der schwarzen, queeren LGBT-Community entstanden ist. Mitgenommen hat Cakes da Killa von diesen Partys nicht nur den rasanten Sprechgesang, sondern auch den elektronischen Clubsound, der die klassischen HipHop-Beats begleitet.

Hedonismus groß geschrieben

„Hedonism“ funktioniert als Album, Cakes selbst bezeichnet es als „Retrospektive der besten Elemente meiner bisherigen Mixtapes“. Mit Songs wie dem housigen „Keep it Goin“ und dem basslastigen „Talking Greezy“ macht er klar, dass der Titel des Albums absolut zutreffend ist: Lyrics, Beats und Rap verschmelzen bei einem Tempo um die 120 BPM zu Songs, die sofort zum Hüftschwingen und Hände-in-Luft-Werfen animieren. „Ohne irgendwelche Einschränkungen“, wie Cakes sein Ideal einer hedonistischen Lebensweise charakterisiert. Selbstbewusstsein ist für den 25-Jährigen aus New Jersey ein fester Bestandteil seiner Identität. Sein Coming-out hatte er schon in der vierten Klasse. Wenn er in der Schule als „Schwuchtel“ beschimpft wurde, zwinkerte er seinen Antagonisten nur ein „Na und?!“ entgegen.

„Hedonism“

Cakes Da Killa: „Hedonism“ (Ruffinas/Import)

„Ich war schon immer groß, übergewichtig und feminin. Aber das war auch irgendwie mein Vorteil, weil ich kein schwaches Kind war.“ Zum Rappen kam er vor allem, um den heterosexuellen Kids zu zeigen, dass ein Schwuler so etwas auch kann. Lange nahm er Musik nicht ernst, bis ihm der Produzent Stixx 2011 eine Kollaboration anbot. Seitdem feilte Cakes immer weiter an seinen Reimen und kollaboriert auf seinem neuen Album sogar mit der Club-Queen Peaches. Über seine Kollegin sagt er: „Ich schaue zu ihr auf, weil sie eine Künstlerin ist, die genau das tut, was sie will, und es trotz Druck schafft, Mainstream zu sein und sie selbst zu bleiben.“

Dem prominenten Vorbild schließt sich der Cakes Da Killa an. Seine divenhafte Persönlichkeit erlaubt ihm eine Herangehensweise an seine Profession, die nicht nur relaxt wirkt, sondern auch eine Scheißdrauf-Mentalität mit sich bringt. Aber, Cakes da Killa nimmt das, was er macht sehr ernst. Seine Mischung aus Hingabe und Gleichgültigkeit lässt Cakes da Killa derart von der Norm abweichen, dass man mehr von ihm will.

Das Gute ist: Cakes fängt gerade erst richtig an. Kürzlich war er mit Mikky Blanco auf „Stunt Queen“-Tour, demnächst wird er eine Deluxe-Version seines Albums herausbringen. Außerdem arbeitet er bereits an einem neuen Album. Der zu Extravaganz neigende Künstler kündigt schon jetzt an: „Die neuen Tracks werden noch viel komischer, als alles zuvor.“

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!