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Neues Album des AMEOIn seine Einzelteile zerlegt

Das Andromeda Mega Express Orchestra vertieft seine extraterrestrischen Klangerkundungen: Auf „Bum Bum“ ist selbst das Studio ein eigenständiges Instrument.

AMEO - Jedes Stück existiert in zweierlei Gestalt. Bild: Andy Rumball

Daniel Glatzel ist ein Musiker auf Mission. Mit der achtzehnköpfigen Mannschaft seines Andromeda Mega Express Orchestra (AMEO) durchkämmt er seit sechs Jahren das All, stets auf der Suche nach neuen Stilkombinationen. In Lichtgeschwindigkeit durchbricht er eine Genregrenze nach der anderen, bringt musikalische Welten auf Kollisionskurs und kann dabei so leicht und beschwingt klingen wie eine Science-Fiction-Bigband.

Seine Musik genau einzuordnen, ist bei dem quecksilbrig flüchtigen Charakter seiner Stücke kaum möglich. Zunächst fing der 28 Jahre alte Saxofonist und Komponist in seiner Heimatstadt München als Jazzmusiker an, wobei ihn schon früh die weniger gebräuchlichen Instrumente und Klänge interessierten. Als er 2004 in Berlin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler zu studieren begann, verlegte Glatzel seine Interessen immer stärker auf das Fach Komposition.

Für sein Orchester suchte er sich dann eine alles andere als jazztypische Besetzung zusammen: Neben Saxofon, Posaune oder Trompete gibt es ebenso Streicher, Fagott und Harfe. Kein Wunder, dass das Ergebnis dieser Mischung oft mit Filmmusik verglichen wird.

Die unterhaltsame Seite des Glatzelschen Kosmos ist jedoch nur eine Facette seines Schaffens, wie man auf dem im Mai erscheinenden zweiten AMEO-Album „Bum Bum“ nachhören kann. Zwar hatte das programmatisch betitelte Debüt „Take off!“ von 2009 schon den Kurs angezeigt und beim Hören schon mal für Schwindelgefühl gesorgt, doch im Vergleich zum Nachfolger erscheinen die frühen Stücke des Orchesters beinahe konventionell.

Neben einigen Umbesetzungen – die Streicher wurden von sieben auf fünf reduziert, dafür setzt der Pianist Jörg Hochapfel mit seinem Synthesizer neue Akzente – gibt es noch eine wesentliche Veränderung: Für „Bum Bum“ hat Glatzel zum ersten Mal das Studio als vollwertiges Instrument verwendet.

Jedes Instrument wurde einzeln aufgenommen, was für ein Orchester schon mal untypisch ist, so Glatzel: „Das ist ein Orchester, das sich in seine Einzelteile zerlegt hat, denn die ganze Akustik, die man normalerweise im Raum hat, die kann man nicht so leicht nachbauen. Und die meisten Leute, die normalerweise Platten mischen, etwas mit Effekten verfremden und kreativ etwas damit machen, arbeiten halt im Pop-Bereich. Die haben nicht dieselbe Tradition. Die Klänge – ein Fagott oder eine Harfe –, das ist denen zum Teil unbekannt. Die hören das ganz anders.“

Plädoyer für Tonträger

Da Glatzel sehr genaue Vorstellungen davon hatte, wie seine Musik klingen soll, entschloss er sich, das Mischen selbst zu lernen, „so gut es geht“. Damit machte er sich die Sache nicht unbedingt leichter. Rund 200 Spuren musste er pro Stück bändigen, und die nachträgliche Bearbeitung der Aufnahmen am Computer war enorm.

So wechselt in „Sotho hotho ro“ alle paar Sekunden der Stil, und die Instrumente ändern bei jedem neuen Einsatz ihre Position im Mix: „Die Stereopalette kam als Kompositionsschicht hinzu.“ Im Stück „Hektra mumma gulla“ spielten die Musiker ihre Parts erst ganz normal durch, anschließend legte Glatzel parallel zu den Stilwechseln verschiedene Filter darüber, die das Ganze mal nach Kassettenrecorder, mal nach altem Schallplattenspieler klingen lassen, um die Differenzen der einzelnen Passagen deutlicher zu markieren.

Seine Experimente begeistern mittlerweile immer größere Kreise: Als Glatzel dem New Yorker Avantgarde-Saxofonisten und radikalen Stilmixer John Zorn ein paar Kostproben seiner Musik schickte, um ihm zu zeigen, dass es mögliche Gemeinsamkeiten in ihrer Vorgehensweise gibt, bot der ihm gleich an, im nächsten Jahr ein weiteres Album für sein Label Tzadik aufzunehmen.

Seine aktuelle Platte, dessen ist sich Glatzel sicher, kann man live nicht nachspielen. Er trennt daher strikt zwischen Album und Konzerten: Jedes Stück existiert bei ihm in zweierlei Gestalt. In einer Zeit, in der Musiker mehr und mehr ihren Lebensunterhalt mit Auftritten bestreiten, ist dies zugleich ein Plädoyer für den Tonträger als eigene Kunstform, die sich nicht auf der Bühne reproduzieren lässt. Ein Direktvergleich der beiden Welten der Andromedaner bietet sich an – die Tournee zum neuen Album beginnt Donnerstag in München.

ANDROMEDA MEGA EXPRESS ORCHESTRA 02.05., 21:00 Uhr Heimathafen Neukölln Karl-Marx-Str.141 Eintrtt: 17,- Euro, ermäßigt 12,- Euro

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