Neuer Zyklon fegt über Mosambik: „Wie ein Bulldozer über die Dörfer“
Die Schäden von Zyklon Idai sind noch nicht beseitigt, da tobt Wirbelsturm Kenneth in Mosambik. Die Zahl der Opfer dürfte noch stark steigen.
Im März hatte Wirbelsturm „Idai“ im Zentrum Mosambiks 3.000 Quadratkilometer unter Wasser gesetzt, 715.000 Hektar Ackerland überflutet und die Hafenstadt Beira mit 500.000 Einwohnern sowie die umliegende Infrastruktur fast komplett zerstört. Mindestens 1.000 Tote wurden offiziell bestätigt, inoffiziell wird ein Vielfaches dieser Zahl geschätzt. 1,85 Millionen Menschen sind auf Hilfe angewiesen.
Der Norden Mosambiks ist zwar dünner besiedelt, aber er ist einer der am wenigsten entwickelten Teile des Landes, schwer zu erreichen und vor allem politisch instabil. Sturm „Kenneth“ traf frontal auf das Kerngebiet einer islamistischen Aufstandsbewegung, die seit rund zwei Jahren Teile der Provinz Cabo Delgado mit bewaffneten Überfällen unsicher macht und harte Repression durch die Staatsmacht provoziert hat.
„Es sieht aus, als sei ein Bulldozer über die Dörfer gefahren“, schrieb Gemma Connell, Sprecherin der humanitären UN-Koordinierungsstelle Ocha. Selbst Katastrophenhelfer mit langjähriger Erfahrung sind vom Ausmaß der Zerstörung im Norden Mosambiks erschüttert.
„Ich habe seit drei Jahrzehnten mit verschiedenen Desastern zu tun gehabt, aber dies ist eines der wenigen, zu dem mir fast die Worte fehlen“, sagte Daw Mohamed, lokaler Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation Care, nach einer Erkundungsreise um Macomia am Samstag. „Alles ist kaputt, wohin man blickt. Die Leute sind obdachlos ohne Nahrung und Wasser. Das gesamte Gebiet ist eine riesige Szene der Zerstörung.“ Nach Angaben von Unicef sind in mehreren Dörfern 90 Prozent aller Häuser zerstört.
Die Zahl der Hilfsbedürftigen in Mosambik ist mit dem neuen Wirbelsturm weiter gestiegen. 1,4 Millionen Kinder brauchen Soforthilfe. Nötig ist auch langfristig Unterstützung zum Neuaufbau – fast alle Betroffenen leben von der Landwirtschaft und verlieren mit den Fluten alles.
Auf Sturm „Kenneth“ folgen jetzt schwere Regenfälle. Teile der Provinzhauptstadt Pemba wurden im Laufe des Sonntags unter Wasser gesetzt. Es wird damit gerechnet, dass „Kenneth“ genauso viel Regen bringt wie „Idai“: laut Unicef zwischen 500 und 750 Millimeter bis Dienstag – und das zum Ende der Regenzeit, wo die Böden bereits besonders feucht und die Flüsse besonders hoch sind. „Der Höhepunkt wird am 29. April in der Region um Pemba erwartet, mit einem hohen Risiko von Sturzfluten und Erdrutschen“, so Unicef.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken