Neuer Vizechef der Bundespolizei: Sheriff mit Spritzern
Jürgen Schubert wurde von Innenminister Friedrich zum neuen Bundespolizei-Vize ernannt. Dabei war er vor zehn Jahren in eine Vorteilsannahme-Affäre verwickelt.
Schon wieder sorgt eine Personalie von Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU für Ärger. In Polizeikreisen herrscht Irritation über den von ihm zum Vizechef der Bundespolizei ernannten Jürgen Schubert. „Dass so einer jetzt an die Spitze einer Behörde mit 40.000 Männern und Frauen rückt, das erzeugt Kopfschütteln bis hin zum Entsetzen“, sagt ein hochrangiger Polizeibeamter. „Wie will der jungen Kollegen ein Vorbild sein?“
Es geht um eine Affäre aus Schuberts Zeit als Leiter der Polizeidirektion 3 in Berlin-Mitte von 2000 bis 2003. Damals schanzten sich mehrere Polizisten seiner Direktion im großen Stil Freikarten für eine Klassikfestivalreihe am Gendarmenmarkt zu. Einer der Polizisten wurde deshalb zu einem halben Jahr auf Bewährung verurteilt.
Gegen Schubert wurde im August 2008 Anklage erhoben wegen Verdachts der Vorteilsannahme im Amt und wegen des Vorwurfs, „als Vorgesetzter rechtswidrige Taten seiner Untergebenen geschehen lassen zu haben“. Zu dem Zeitpunkt saß Schubert allerdings längst im Bundesinnenministerium, als Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder. Erst im Juli 2010 wurde das Verfahren gegen den heute 52-Jährigen eingestellt – gegen eine Zahlung von 9.000 Euro.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland kennt den neuen Bundespolizeivize noch aus seiner eigenen Zeit als Berliner Justizsenator vor zehn Jahren. Damals sei Schubert „einer der talentiertesten Polizeiführer“ gewesen, erinnert sich Wieland.
Weil er Großevents wie die Loveparade gut managte und später als Einsatzleiter ein erfolgreiches Deeskalationskonzept zur 1.-Mai-Demo in Kreuzberg ausarbeitete, bejubelten ihn manche Hauptstadtzeitungen als „Überflieger“. Schubert wurde gar als künftiger Polizeipräsident Berlins gehandelt. Doch dann kam die „Ticket-Affäre“ ans Licht. „Das hat Spritzer an seiner Uniform hinterlassen“, sagt Wolfgang Wieland. „Das ist so.“
Schubert selbst wollte am Freitag nichts zu dem Vorgang und der Kritik an seiner Person sagen. Das Bundesinnenministerium teilte mit, dass trotz der Affäre „an der fachlichen Eignung und der persönlichen Integrität“ von Schubert „keine Zweifel“ bestünden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs