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Neuer Tanz-TrendRumzucken in Paris

"Tecktonik" heißt ein neuer, drolliger Techno-Tanzstil. In Frankreich wird er als Jugendbewegung gefeiert. Und ist ruckzuck auf dem Weg in den Kommerz.

Aus dem Club auf die Straße in die Welt: Tecktonik. Bild: sceenshot

Falls Sie dieser Tage durch Paris oder eine andere Großstadt in Frankreich spazieren, könnte Ihnen etwas widerfahren, was Ihnen vielleicht seltsam vorkommt. Wenn Sie auf einen Haufen Teenager stoßen, der zu lauter Techno-Musik hektische Bewegungen mit den Armen ausführt, und sich außerdem durch hahnenkammartige Frisuren und superenge Röhrenjeans auszeichnet, dann sind Sie vermutlich in eine Tecktonik-Soirée geraten.

Tecktonik (für Kenner: TCK) ist ein Tanzstil, der vor etwa einem Jahr in dem Pariser Club Metropolis entstanden ist. Auf den wöchentlichen "Tecktonik Killer"-Partys lief harter belgischer Techno, zu dem die Mischung aus Breakdance, Modern Dance und HipHop dann getanzt wurde. Obwohl (oder gerade weil) dort angeblich alle so aussahen wie Bill von Tokio Hotel, wurde das Ganze dann ein Riesenhype. In Frankreich, Belgien, Luxemburg und der französischen Schweiz treffen sich Tausende zu TCK-Battles, bei denen die Tänzer gegeneinander antreten: Wer kann am eindrucksvollsten mit den Armen herumfuchteln, dabei die Hüften nur ganz leicht bewegen und die Füße möglichst stillhalten? Die tollsten Tecktoniker werden mittlerweile millionenfach bei YouTube heruntergeladen.

Die französische Presse freut sich. Und hat auch gleich eine Interpretation parat: Die Nouvelle Vague ist die weiße Gegenbewegung zum HipHop. Endlich gebe es eine genuin französische Popkultur für die Mittelklasse-Jugend, die sich nun nicht mehr dem schwarzen Hiphop anbiedern müsse, heißt es etwa in der Gratiszeitung 20minutes. Diese Lesart gefällt den Tecktonikern aber überhaupt nicht. Weder wollen sie rebellieren, noch haben sie einen Komplex wegen ihrer Hautfarbe. Sie wollen einfach nur komisch tanzen und das danach im Internet angucken.

Der 21-jährige DJ Jaxce bedauert, dass sich nun massenweise Teenies für den Affentanz interessieren. "Der Tecktonik hat seine ursprüngliche Identität verloren und ist ein internationales kommerzielles Phänomen geworden." Das ist durchaus als Warnung zu verstehen. Tecktonik könnte schneller in Deutschland ankommen, als uns lieb ist.

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5 Kommentare

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  • C
    Céline

    Es ist in der Tat ein Phänomen, welches einfach nur von Spaß am Tanzen unter Freunden geprägt ist.

    Eines möchte ich jedoch alleschnellstens korrigieren: Bill von Tokio Hotel hat absolut gar nichts mit dem Style der Electro-Tänzer tun. Ebenso ist Tecktonik kein Tanz, sondern der Name eines organisierten Abends (wie die Autorin mehr oder minder korrekt ausführt) und ebenfalls eine Marke. Ich bin halb Französin, im April 18 Jahre alt, bin ein Mal im Monat in Paris und bin auch schon lange im "Tecktonik-Fieber". Wir mögen nicht so gerne "Tecktonik" sagen, da wir die Kommerzialisierung unserer Leidenschaft befürchten. Beim Tanz handelt es sich ausschließlich um den Begriff "La danse electro".

    In Deutschland lebe ich in Köln, und werde immer wieder komsich "angeglotzt" wenn ich beginne zu tanen. Aber gut, ich will es schließlich hier verbreiten, habe diesbezüglich Kontakt mit der "Dance Generation" aus Paris.

     

    Daher möchte ich nun auch hier einmal auf Folgendes aufmerksam machen:

    Ich bitte jeden, der sich für "Tecktonik" interessiert, es vor allem auch beabsichtigt zu tanzen und besten bereits tanzt, mit mir Kontakt aufzunehmen. Somit können wir gemeinsam, auf Basis von organisierten Abenden in Clubs oder Nachmittagen unter freiem Himmel unsere Leidenschaft auch hier in Deutschland verbreiten und bekannt werden.

     

    x-celine@msn.com

     

    Freue mich über jede Mail!

  • S
    Sali

    Die Autorin hat einfach gar keine Ahnung ... hält uns für Affen ... Tecktonik ist einfach nur Kult. Ich kenns schon ein Jahr weil ich öfters in Paris bin .. und ich fands direkt hammmerr ... ich hatte ein neues Hobby :) (ich bin anfang dez. z.b. in paris im metropolis feiern weil ich hier wahrscheinlich die einzige wäre mit meinem "affentanz" .... ) naja jedenfalls sollte die Autorin erstmal gedanken machen über etwas, bevor sie sich das Maul über den Geschmack anderer zerreisst!!!

  • MH
    M. Hadler

    Den vorherigen Kommentaren kann ich mich nur anschließen. Offenbar erinnert sich die Autorin nicht daran, wie Sie sich in ihrer Jugend gefühlt hat, als bestimmt auch ein neuer, toller Tanzstil von Eltern als "Gezappel" und "hektisches Gehüpfe" tituliert wurde. So sind Rock'n'Roll und andere Tänze mittlerweile ein Muss in jeder Tanzschule, trotz anfänglicher Ablehung durch ältere Generationen.

     

    Dass mit Tecktonic den französischen Kids, die häufig in uninteressanten und angebotslosen Hochhaus-Stadtteilen wohnen, damit endlich eine sinnvolle, kostenlose Freizeitgestaltung gegeben wurde, in der sie ihre Individualität ausleben können, wird vollkommen ignoriert. Ebenso, dass die Tänzer in Frankreich mittlerweile zu richtigen Stars avanciert sind, inklusive Fernsehauftritte und eigener CDs.

     

    Für mich steht bereits jetzt fest: lasst Tecktonik in unsere Discos einziehen und ich bin auf der Tanzfläche!

  • JF
    Johnzon F.

    Ich freue mich auch auf Tecktonik!

  • NP
    N. Picker

    "Affentanz, herumfuchteln und drollig rumzucken." Es scheint klar, das die Autorin dem neuen Tanzstil wenig abgewinnen kann. Sich möglicherweise sogar vor ihm fürchtet ("Tecktonik könnte schneller in Deutschland ankommen, als uns lieb ist"). Warum dies so ist, bleibt leider völlig unklar. Auch das vereinende "uns" bleibt ungeklärt. Warum sollte _mir_ das Ankommen dieses neuen Tanzstils nicht lieb sein?

     

    Meine bisherigen Erfahrungen mit diesem Stil sind leider nicht sehr groß, aber was ich sehen durfte, waren junge Leute, die Spass an der Bewegung haben, auf Macht- und Wohlstandssymbole in ihrem Auftreten verzichten, nicht zum Drogenkonsum aufrufen, in ihren Darbietungen keinen Platz für halbbekleidete Tänzerinnen haben und auch keinen kriminellen Lebenstil und Zuhälterei glorifizieren.

     

    Ich freue mich auf Tecktonik.