piwik no script img

Neuer Streit um die FalklandsBriten bohren, Argentinier grollen

1982 kam es zum Krieg zwischen Großbritannien und Argentinien um die Herrschaft über die Inseln im Südatlantik. Jetzt wollen die Briten die dortigen Ölvorkommen ausbeuten – zum Ärger des alten Feindes.

Die britischen Truppen kontrollieren ein Archipel, auf dem eindeutig mehr Pinguine als Menschen leben. Bild: dpa

LONDON afp | Zwischen Großbritannien und Argentinien herrscht derzeit neuer Streit um die von beiden Ländern beanspruchten Falkland-Inseln im Südatlantik. Es geht um Öl- und Gasvorkommen vor dem Archipel. Buenos Aires will verhindern, dass britische Firmen dort Probebohrungen vornehmen.

Ein militärisches Vorgehen schließt Argentinien aus, bekräftigt jedoch seinen "rechtmäßigen Anspruch" auf die Inseln und will notfalls internationale Gerichte einschalten. 1982 waren beide Länder in einen Krieg um die Herrschaft über die Falklandinseln verwickelt.

Die britische Bohrinsel "Ocean Guardian" ist bereits in den Gewässern nördlich der Falkland-Inseln eingetroffen. "Die Bohrungen werden wie geplant beginnen - es sei denn, das Wetter spielt nicht mit", hieß es in einer Erklärung des Parlaments in der Hauptstadt Port Stanley, die am Freitag auf der Titelseite der Insel-Wochenzeitung Penguin News zu lesen war.

Die Bewohner der Inseln - auf Englisch Falklands, in Lateinamerika Malvinas genannt - befinden sich seit einiger Zeit im Ölrausch. Wenn das schwarze Gold erst einmal sprudelt, werde es allen zugute kommen, prognostiziert die britische Zeitung Daily Telegraph - Großbritannien, den Falkland-Inseln und Argentinien.

Argentinien betrachtet die Ölsuche als illegal und pocht auf die Verteidigung seiner Souveränität und der Ressourcen in der Region. Staatspräsidentin Cristina Kirchner verfügte per Dekret, dass Schiffe, die durch argentinische Hoheitsgewässer zu den 500 Kilometer vor der argentinischen Küste gelegenen Falkland-Inseln wollen, eine Sondergenehmigung brauchen.

Auf dem am Montag in Mexiko beginnenden Gipfeltreffen der Rio-Gruppe, in der fast alle lateinamerikanischen Staaten organisiert sind, sollen die Teilnehmer auf Wunsch Kirchners die britische Ölsuche verurteilen. Der venezolanische Präsident Hugo Chávez richtete bereits einen Appell an Großbritannien: "Gebt die Malvinas dem argentinischen Volk zurück!"

Britische Zeitungsberichte lesen sich bisweilen, als stehe schon bald ein neuer Krieg zu erwarten. Die Lage unterscheidet sich allerdings erheblich von der im Jahr 1982. Damals hatte London lediglich etwa 80 Royal Marines auf den Falklands stationiert. Heute gibt es einen Militärstützpunkt mit 2.000 britischen Soldaten, Boden-Luft-Raketen, einen Zerstörer und Kampfjets.

Argentiniens UN-Botschafter, Jorge Argüello, erhob dieser Tage den Vorwurf der Kriegstreiberei gegen bestimmte Kreise in Großbritannien. Die Regierung in Buenos Aires kündigte "angemessene Maßnahmen" zur Verhinderung der geplanten britischen Bohrungen an. Sie setzt im Übrigen aber auf eine friedliche Beilegung des Streits. Für kommenden Mittwoch ist nach Angaben argentinischer Diplomaten ein Treffen von Außenminister Jorge Taiana mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vorgesehen.

Im April 1982 hatte ein argentinisches Expeditionskorps die 1833 von den Briten eroberten Inseln besetzt, war aber nach 74 Tagen wieder verdrängt worden: Die Militärjunta kapitulierte vor der britischen Armee, die "Eiserne Lady" in London, Premierministerin Margaret Thatcher, triumphierte. Im Falkland-Krieg starben auf beiden Seiten insgesamt mehr als 900 Menschen. Heute gibt es auf dem Insel-Archipel rund 3.000 Bewohner - außerdem 500.000 Schafe sowie ungezählte Wildgänse, Robben und Pinguine.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • D
    Denninger

    "Britischer Imperialismus" zu Lasten des "Dritte-Welt-Landes" Argentinien?

    LoL

    Eine rechte Militärdiktatur entfacht unter dem Vorwand "alter Gebietsansprüche" einen Eroberungskrieg und wird besiegt.

    Nach nicht einmal 30 Jahren des Schmollens (z.B. die "Faust Gottes" vom Kokser Diego M.) wird wieder laut gedroht.

    Und daran sollen die "Britischen Imperialisten" Schuld sein?

    "Deutschland in den Grenzen von 814!" (SCNR)

    PS Der letzte Satz ist wirklich rein ironisch, nicht etwa nationalistisch oder imperialistisch gemeint. Also bitte nicht weg"kürzen".

  • C
    Clara

    @ Christina Kehr: Deine Argumentation zum Thema Verjährungsfrist ist ja ganz nett, aber ist dir schon mal aufgefallen, dass so etwas immern nur von den Industrienationen gegenüber der sog. "Dritten Welt" gefordert wird? Nein? Na, dann wirds aber mal Zeit!

  • CK
    Christof Kehr

    Was soll der ganze Streit? Als vor 90.000.0000 Jahren sich die KOntinente trennten (und auch das Kamel vom Lama)da klebten die Falklands/Malvinas an Namibia. Dann haben sie isch gelöst, dann wurde Namibia deutsche Kolonie. Von daher gibt es eine deutsche Rest-Verantwortung für den Archipel und eigentlich sollte es heute Lufthansa-Inlandflüge dorthin geben .....

     

    Die Malvinas sind hier in argentien identitäts-stiftend wie der Holocaust für die heutigen Juden.

    Gäbe man sie an die Argentinier zurück, würde alle Gemeinsamkeit wegfallen. Und alle Hirnwäsche. Jeder, fast jeder sprciht von den Malvinas als seien sie das existentielleste in seinem Leben. Keiner sagt wirklich laut: was für ein Verbrechen, 800 junge Männer dorthin in den Tod zu schicken. Die Spanier leben mit den Engländern in Gibraltar, die Marokkaner mit den Spaniern in Ceuta und Melilla, nach 180 Jahren muss man auch mal verleiren können, aber gerade das fällt den Argentiniern schwer. Wenn sie im Fußball verlieren, dann war der Schiedrichter geschmiert. Que dejen de joder ....

     

    Wie wäre es denn mal zur Abwechslung mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völer und einem Referendum auf den Inselchen?

  • T
    Toni

    @ Joachim Bovier: Britannia rule the World? Mensch, aus welchem Erdloch bist du denn gekrochen? Ein Argentinier würde dir wahrscheinlich sagen: Chupame la pija!

     

    @Manuel: Dank des MERCOSUR ist Argentinien wohl nicht mehr so allein, wie vorher....also mal wieder bisschen mehr Zeitung lesen. Christina ist sehr unbeliebt, in rechtspopulistischen Kreisen, das läßt tief blicken. Das Fleisch ist deswegen knapp und teuer, weil die Großgrundbesitzer immer mehr ins Ausland exportieren und sie die eigene Bevölkerung und deren Fleischhunger sehr bzw. gar nicht interessiert. Und wir wollen doch mal nicht vergessen woher die ganzen Armen zum Großteil kommen: Aus den vom Neoliberalismus gebeutelten 90ger Jahren, in denen die Stadtsfirmen (Wasser, Strom, Telekom etc.) privatisiert wurden und die ausländischen Banken 2001 sich das Vermögen von Mio. Bürgern aneigneten. Achja, das Vermögen der Staatsbank soll nicht geplündert werden, sondern dazu dienen, endlich von ausländischen Kreditgebern unabhängig zu werden, eigentlich im Sinne jedes Staates. Da bleibt nur noch die Frage: Manuel, hat dir die Friedrich-Naumann-Stiftung Geld für deinen Kommentar überwiesen? ;-)

  • PW
    Peter Wenner

    Die Zeit des Kolonialismus und Imperialismus ist vorbei wann merken die Briten das endlich?

     

    Nur weil Briten dort siedeln gehört diese Insel ihnen nicht ansonsten gehört Berlin der Türkei.

     

    Wenn ich falsch liege sollten wir Deutschen uns natürlich auch Besitz in Übersee anschaffen...

  • DS
    das Selbst

    Ja die Briten.Diese Insel ist das letzte Wölkchen im Traum vom Empire.

  • M
    Manuel

    Eine friedliche Lösung zu finden, ist die EINZIGE Möglichkeit für Argentinien, denn mit was sollen die Argentinier kämpfen? Es gibt keine Armee und die Waffen waren damals in den 80ern schon veraltet.

    Cristina Kirchner ist extrem unbeliebt in der Bevölkerung, das Land hat kein Geld, die Inflation ist ungebremst, das Fleisch ist knapp (kein Witz) und im letzten Monat um 50% gestiegen, der Anteil der Armen an der Bevölkerung ist höher als in den Krisenzeiten, die Korruption ist unerträglich...da tut es ganz gut ein wenig von den eigenen Problemen ablenken ,auch weil demnächst die Reserven der Zentralbank geplündert werden dürfen....natürlich nur um Schulden zu tilgen.

  • JS
    Jan Sebastian

    England liegt auf der anderen Seite des Globus, meine Güte. Dass die Nationalstaaten einfach irgendwohin latschen können, ihre bescheuerten Fläggchen hissen und dann behaupten es gehöre ihnen ist schlicht Anmaßung.

     

    Wenn das Öl tatsächlich ausschließlich den Bewohnern der Inseln zu Gute kommen würde, wäre es in Ordnung. Ich vermute eher, dass das Öl genutzt wird um den britischen Haushalt zu sanieren, folglich um den reichen Staatsgläubigern das Geld in den Rachen zu stopfen, was ja auch höherer Sinn und Zweck von Staatsschulden ist.

  • L
    Lea

    Der wichtigste Satz des Artikels geht wohl ein bisschen unter: die 1833 von einem britischen Expeditionskorps besetzten Inseln... Naja, ist ja auch schon so lange her.

  • JB
    Joachim Bovier

    Die angeblichen Besitzansprüche Argentiniens an den Falklands, die seit fast 200 Jahren Teil Großbritanniens sind, entbehren jeder Grundlage. Ferner steht ausser Frage, dass die dortige Bevölkerung sich als Briten und nicht als Argentinier versteht. Wenn die wieder frech werden, wird jede britische Regierung ihre Landsleute auf dem fernen Eiland verteidigen und den Agressoren zum Disziplinieren die Royal Navy schicken. Rule Britannia, Britannia rule the World.