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Neuer Schwung in Mülldiskussion

■ Niedersachsens Ausstieg erschwert Bremer Lösung

„Vermeiden, verwerten, und den Rest deponieren.“ Mit diesem Wahlspruch will die künftige rot-grüne Landesregierung in Hannover Ernst machen mit dem Einstieg in eine andere Abfallwirtschaft. Dieser Grundsatzbeschluß der wahrscheinlichen Koalition in Hannover kann die Müll -PlanerInnen in der Bremer Umweltbehörde in erhebliche Schwierigkeiten bringen und der seit einem Jahrzehnt dauernden Diskussionen um die Zukunft der Bremer Müllverwertung eine andere Richtung geben. Denn Folge des Ausstiegs aus der Müllverbrennung in Niedersachsen könnte es sein, daß in der Bremerhavener Müllbeseitigungsanlage Kapazitäten blockiert werden, die die Umweltbehörde für die Verbrennung des Bremer Restmülls nutzen möchte.

Wie berichtet plant die Behörde, die veraltete Bremer Müllverbrennungsanlage 1997 dichtzumachen. Der Bremer Restmüll, und das werden dann immer noch rund 200.000 Tonnen sein, soll dann in der Bremerhavener Anlage verbrannt werden. In dieser Anlage aber, so wollen es Verträge, die die MBA-Gesellschaft mit niedersächsischen Kommunen und Landkreisen abgeschlossen hat, wird bis weit über das Jahr 2.000 hinaus niedersächsischer Müll verbrannt. Um auch den Bremer Müll in der Seestadt verbrennen zu können, will die Umweltbehörde erstens die Kapazität der Anlage erweitern und einen dritten Kessel bauen und setzt zweitens darauf, daß die Umlandkommunen in möglicherweise neue niedersächsische Ver

brennungsanlagen wechseln. In dem Vertrag mit Emden steht beispielsweise eine Klausel, daß die Stadt nicht mehr in Bremerhaven verbrennen darf, wenn eine neue MBA in der Nähe von Emden errichtet wird. Nun kann die niedersächische Landesregierung die Kommunen zwar anweisen, Wiederverwertungskonzepte zu erarbeiten und Deponieflächen vorzuhalten, ein Befehl aber, die Müllverbrennungsanlage in Bremerhaven nicht mehr zu nutzen, ist nicht möglich.

Die künftigen Regierungspartner gehen zwar optimistisch davon aus, daß die Wiederverwertungskonzepte schnellstens durchgesetzt und auch Deponieflächen zur Verfügung gestellt werden, doch die Bremer Umweltbehörde geht angesichts des bevorstehenen Müllnotstandes im Bremer Umland davon aus, daß die Kommunen die relativ kostengünstige und sichere Art den Müll in Bremerhaven loszuwerden, in keinem Fall aufgeben werden. Umwelt-Senatsdirektor Jürgen Lüthge sieht zwar vor allem „viele offene Fragen“ meint aber auch: „Ich fürchte, wir werden unsere Partner nicht los. Und die niedersächsische Landesregierung kann den Landkreisen auch nicht sagen, steigt in Bremerhaven aus.“

Angesichts des Grundsatz-Beschlusses in Niedersachsen sieht Lüthge die nächste grundsätzliche Diskussion über die Umweltverträglichkeit von Müllverbrennung auf Bremen zu kommen. „Die Diskussion wird mit Sicherheit neuen Schwung bekommen.“

hbk

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