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Neuer Haushaltsfahrplan nach Beitritt

■ 1,3 Billionen DM Verschuldung bis Ende 1991 geplant / SPD: 230 Milliarden DM mehr erforderlich

Bonn (dpa) - Der Berg öffentlicher Schulden wird im vereinigten Deutschland Ende 1991 nach Berechnungen der Bonner Parteien sprunghaft auf knapp 1,3 Billionen Mark anwachsen. Ende vergangenen Jahres lagen die staatlichen Schulden der Bundesrepublik noch bei 1,04 Billionen Mark. Die Bundesregierung bezifferte am Samstag die bisher geplante Neuverschuldung für Bund, Länder, Gemeinden, DDR -Haushalt und -Treuhandanstalt sowie für den Fonds „Deutsche Einheit“ in diesem Jahr auf 87 Milliarden und im nächsten auf 103 Milliarden Mark. Hinzu kämen nach Darstellung des Haushaltsobmannes der SPD, Helmut Wieczorek, geschätzte 25 Milliarden Mark für Bahn und Post und 15 Milliarden Mark für das Defizit in der Sozialversicherung allein in diesem Jahr. Damit stehe bereits fest, daß der Schuldenberg bis Ende 1991 binnen zwei Jahren „um mindestens 230 Milliarden Mark“ höher sein werde. Die Bundesregierung habe bisher versäumt, Einsparkonzepte -besonders bei den Verteidigungsausgaben vorzulegen.

Wie der für Haushaltsfragen zuständige Bonner Parlamentarische Staatssekretär Manfred Carstens (CDU) mitteilte, sollen Verbraucher und Investoren bald nach dem Beitritt Klarheit nicht nur über die grobe Ausgaben- und Einnahmeplanung im ersten gesamtdeutschen Etat 1991 erhalten, sondern auch über „die Belastung des Kapitalmarktes durch die Neuverschuldung“. Diese „Eckwerte“ des Haushalts wolle das Bundeskabinett so schnell wie möglich nach dem vorgezogenen Beitritt beschließen. Nach dem vorgezogenen Beitritt würden Etatentwurf 1991 und Finanzplan „unverzüglich“ erstellt und anschließend den parlamentarischen Gremien zugeleitet.

Zur Oppositionskritik an dem zeitlichen Haushaltsfahrplan verwies Carstens darauf, daß die Bundesregierung den inzwischen zurückgezogenen Etatentwurf 1991 für das heutige Bundesgebiet rechtzeitig verabschiedet habe. Andererseits stehe „die DDR bei der Erstellung des Haushalts 1991 noch im Stadium allererster Vorarbeiten“. Man könne in der DDR nicht von einer geordneten Finanzwirtschaft ausgehen, was auch der unzureichende - im Staatsvertrag vereinbarte - Personalabbau beim DDR-Staat belege.

Zu den Problemen für den DDR-Teil des Etats gehöre, daß aus dem bisherigen Zentralhaushalt der Haushaltsbedarf der neu zu gründenden DDR-Länder herausgelöst werden müsse. Die Bundesregierung arbeite „mit Nachdruck an einer gesamtdeutschen Haushaltskonzeption“.

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