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Neuer Bachelor für Hebammen in BremenHurra! Es ist ein Studiengang

Der Beruf der Hebamme muss besser vergütet werden, sagt Bremens Gesundheitssenatorin. Für den neuen Hebammen-Studiengang starten nun die Planungen.

Sollten nur professionell betreut werden: Neugeborene Foto: Foto: Caroline Seidel/dpa

BREMEN taz | Nein, die Sektkorken knallen lassen will Holger Kühl immer noch nicht. „Dafür ist es noch zu früh“, sagte der Studiendekan der Gesellschaftswissenschaften an der Hochschule Bremen. Denn damit der neue Studiengang Hebammenwissenschaft tatsächlich wie geplant zum Wintersemester 2020/2021 starten kann, müsse noch einiges passieren. Am Montag wurde nun zumindest schon mal der „Planungsauftakt“ für den Studiengang gefeiert.

Vor allem müsse rechtzeitig eine Professorin gefunden werden, erklärt Kühl. „Wenn wir gut sind, schaffen wir eine Besetzung bis zum Winter. Er gab zu bedenken, dass parallel die inhaltlichen Planungen zum Studienaufbau schon laufen müssten.

Doch jemand Passendes zu finden, ist gar nicht so leicht. Denn solche Studiengänge wie jetzt in Bremen entstehen gerade überall in Deutschland. Und: Alle suchen Professorinnen, die es aber kaum gibt, weil es die Fachrichtung erst seit wenigen Jahren und nur an wenigen Standorten in Deutschland gibt.

Der Grund für die verstärkten Bemühungen, solche Studiengänge – zunächst mit dem Abschluss Bachelor – einzurichten: Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2013 schreibt seinen Mitgliedsstaaten eine akademische Ausbildung von Hebammen vor. Deutschland ist das letzte Land innerhalb der Europäischen Union, in dem die Hebammenausbildung nicht akademisiert ist, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Grünen-Anfrage aus dem Juni 2018 hervorgeht. 2020 läuft die Frist aus, dann drohen Strafzahlungen.

Bremen gehört dabei nicht zu den Vorreitern. 17 solcher Studiengänge gibt es laut einer Aufstellung des Deutschen Hebammenverbands bereits deutschlandweit, die meisten in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Am Universitätsklinikum Lübeck startete der Studiengang 2017, in Hamburg bietet der Asklepios-Konzern seit 2014 ein solches Studium in Kooperation mit einer privaten Hochschule an. Der älteste Studiengang befindet sich in Osnabrück, der 2008 startete – viele der Hochschullehrerinnen, die heute in anderen Städten unterrichten, haben dort studiert oder geforscht.

Dennoch lobt die Vorsitzende des Bremer Hebammenverbands, Heike Schiffling, die Gesundheitsbehörde für ihr „beherztes Handeln“. Denn das Land Bremen übernimmt die Kosten für den neuen Studiengang, ohne ein entscheidendes Detail zu kennen: Offen ist derzeit, in welcher Höhe sich die Krankenversicherungen an der Ausbildung beteiligen. Sicher sei, dass sie die Hebammenausbildung mit finanzieren müssen, weil die Studiengänge so hohe Praxisanteile haben, sagte Bremens Gesundheits- und Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD), die beim Planungsauftakt dabei war.

Dieses Problem müsse auf Bundesebene gelöst werden – bis dahin trägt Bremen die Kosten auch für die Phasen, in denen die werdenden Hebammen in den Kliniken arbeiten.

Die Vorsitzende des Hebammen-verbands lobt die Gesundheits-behörde für ihr beherztes Handeln

Dasselbe gelte für die Novellierung der Hebammenausbildung – also die Rahmenbedingungen für die neuen Studiengänge, so Quante-Brandt. Die geltende Verordnung stammt aus dem Jahr 1985. Das Bundesgesundheitsministerium hatte in der Antwort auf die Grünen-Anfrage zugesagt, einen Gesetzentwurf „zeitlich so vorzulegen, dass die Umsetzungsfrist eingehalten werden kann“. Diese endet am 18. Januar 2020. Der Entwurf liegt nicht vor.

Quante-Brandt sagte zudem, sie wolle sich im Bundesrat dafür einsetzen, dass Hebammenarbeit in Zukunft besser vergütet wird.

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