Neue Steuerregelung für Tagesmütter: Noch weniger Verdienst
Ab 2009 müssen Tagesmütter mehr Steuern zahlen - und sich versichern. Viele wollen deswegen ihren Beruf aufgeben. Das macht Ministerin von der Leyen einen Strich durch die Rechnung.
BERLIN taz "Wo ist denn deine Hand geblieben?", fragt Anja Loderer* (40) und beugt sich suchend unter den Esstisch. Zack - legt Lena* die Hand neben den Teller, wie sie es bei ihrer Tagesmutter gelernt hat, und lacht. Tischmanieren sind für die Zweieinhalbjährige noch ein Spiel. Anja Loderer freut sich, dass Lena schon so viel kann. "Meine Arbeit ist unglaublich erfüllend", sagt sie. Sie betreut in Berlin zwei Kinder, und ihre Liebe zum Beruf hat sich im Bezirk Pankow herumgesprochen: Täglich rufen Eltern an, die dringend einen Platz für den Nachwuchs brauchen. Loderer muss sie vertrösten. "Im Januar muss ich vielleicht sogar ganz aufhören, wenn neue Gesetze kommen."
Anja Loderer spricht von der Neuregelung für Tagespflegepersonen ab 2009, die meist Frauen sind, weswegen viele von Tagesmüttern sprechen. Künftig sollen alle Tagesmütter ihre Einnahmen versteuern und sind sozialversicherungspflichtig. Betroffen sind rund 33.000 Tagesmütter, die bei den Kommunen angemeldet sind. Sie mussten bisher nur den Anteil der Eltern, nicht aber die Einnahmen vom Bezirksamt versteuern. Damit entlastet die Regierung die Sozialkassen und stellt sie den privaten Tagesmüttern gleich - die schon lange für die gleiche Arbeit Steuern und Versicherung zahlen. Gleichzeitig können diese aber individuell höhere Stundenlöhne mit den Eltern vereinbaren. Die von den Kommunen registrierten Tagesmütter indes erhalten einen festen Satz und müssen ab 2009 mit Einkommenseinbußen rechnen.
Zu den Steuern kommen nun hohe Versicherungskosten. Tagesmütter sind in der Mehrheit beim Ehemann mitversichert, künftig müssen sie sich ab einem Einkommen von 355 Euro im Monat selbst versichern. Viele von ihnen rechnen damit, 2009 noch weniger Stundenlohn zu bekommen - und der liegt schon jetzt bei nur drei Euro oder darunter.
Der Bundesverband für Kindertagespflege warnt deswegen. "Bei solchen Einkommensverlusten sagen viele in der Tagespflege, dass sie aufhören werden", so der Geschäftsführer Klaus-Dieter Zühlke. Hinzu komme, dass der Beruf kaum attraktiv sei für Neueinsteiger. Dabei verspricht Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bis 2013 rund 750.000 Betreuungsplätze - ein Drittel davon abgedeckt durch die Tagespflegepersonen.
Selbst das Eingeständnis der Kommunen, bis zu einem Einkommen von 828 Euro im Monat Zuschüsse zu den Versicherungsbeiträgen zu geben, sowie die Anhebung der Betriebskostenpauschale auf 300 Euro, scheinen nicht genug: Der Bundesverband für Kindertagespflege rechnet vor, dass das Einkommen von Tagesmüttern um bis zu 49 Prozent sinken kann. Der Verband fordert deswegen eine Mindestvergütung von 5,50 Euro. "Ohne angemessenes Einkommen kriegen wir keine Qualität in die Tagespflege", so Zühlke.
Das Problem der Unterbezahlung von Tagesmüttern ist indes nicht neu. Schon 2007 hatten sich Finanzminister Peer Steinbrück und die Familienministerin über die Neuregelung zerstritten, schließlich wurde ein Aufschub von 2008 auf 2009 beschlossen. Die Unsicherheit für die Tagesmütter hat sich damit verlängert. Gleichzeitig sollen die Zuschussregelungen nur vorrübergehend gelten und dann geprüft werden. "Seit zwei Jahren wissen wir nicht, wie es weitergeht", sagt die Berliner Tagesmutter Anja Loderer. Sie bringt die Kinder für den Mittagsschlaf ins Bett und deckt sie zu. "Es bricht mir immer das Herz, wenn ich mich von einem Kind verabschieden muss."
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