Neue Steuer in Bonn: Sechs Euro für Sex
In Bonn zahlen Prostituierte jetzt am Ticketautomaten eine "Sex-Steuer". Wer kein Ticket hat, muss 100 Euro Strafe löhnen. Steuerfahnder sollen kontrollieren.
BERLIN taz | "Ein Sex-Ticket, bitte", wird es wohl bald auf dem Straßenstrich in Bonn heißen. Seit kurzer Zeit steht dort ein umgebauter Parkscheinautomat, an dem die Prostituierten eine sogenannte "Sex-Steuer" entrichten müssen.
"Sex sells", das Geschäft mit der körperlichen Liebe lohnt sich immer. Das wissen in der ehemaligen Bundeshauptstadt nicht nur die Prostituierten, sondern vor allem die Stadtväter. Bereits im vergangenen Jahr beschloss der Stadtrat, eine "Sex-Steuer" für Prostituierte und Bordelle einzuführen. Seit Anfang dieses Jahres nun zahlen die SexarbeiterInnen sechs Euro pro Nacht. Die Stadt erhofft sich durch die neue Steuer Einnahmen in Höhe von rund 200.000 Euro jährlich. Um zu überwachen, dass auch wirklich alle Prostituierten ein Ticket gelöst haben, sollen Steuerfahnder auf der Lustmeile patrouillieren.
Die Stadt Bonn profitiert von einer Regelung in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens. Sie erlaubt den Kommunen, bestimmte Steuern wie zum Beispiel Hundesteuer, Zweitwohnungssteuer und nun auch die "Sex-Steuer" zu erheben.
Dass nun eigens ein Automat zur Zahlung des Lustgroschens aufgestellt wurde, hat laut Rathaussprecherin Monika Frömbgen verschiedene Gründe. So müssten Prostituierte nicht mehr täglich eine Steuererklärung abgeben. Die Regelung sorge zudem für Steuergerechtigkeit, da auch SexarbeiterInnen in festen Etablissements die Steuer bezahlen müssen. Der Automat verhindere zudem, dass Stadtmitarbeiter die Steuer kassieren und nachts mit vollem Geldbeutel unterwegs sein müssen.
Nach der Verlegung des Straßenstrichs im vergangenen Jahr aus dem Uni-Viertel in die Immenburgstraße in der Bonner Weststadt hat sich das Sexgewerbe dort etabliert. Neben dem Strich und einem Bordell liegt dort auch das sogenannte Verrichtungsgelände. Die Stadt hat das Terrain gepachtet, dort Sanitätsanlagen gebaut und einen Wachdienst engagiert. Das zusammen kostet jährlich rund 120.000 Euro, schätzt Rathaus-Sprecherin Frömbgen.
Scharfe Kritik am Automaten für die Sex-Steuer kommt von Juanita Carmen vom Prostituiertenverband Dona Carmen in Frankfurt am Main. Sie wehrt sich gegen diese Form der Sonderbehandlung: "Welcher andere Berufszweig muss Steuern an einem Automaten bezahlen?"
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