Neue RTL-Serie „Hit and Miss“: Töten, um eine Frau zu werden
„Hit and Miss“ läuft ab Dienstag auf RTL Crime. Die Probleme einer Transsexuellen werden hier beiläufig thematisiert – das macht die Serie so stark.
Der Typ rennt weg, aber er hat keine Chance. Mia schießt ihm viermal in den Rücken. Dann zieht sie im Auto roten Lippenstift nach, fährt nach Hause duschen, schiebt sich ihren Penis mit einem Tuch wieder zwischen die Beine, trainiert noch ein wenig die Fitness und fährt zu ihrem Auftraggeber.
Eddie heißt der, Ausstrahlung irgendwo zwischen Kleinstadtganove und Mafiapate, und seine ersten Worte, die ersten Worte überhaupt in „Hit and Miss“ (Dienstag, RTL Crime, 20.15 Uhr) sind: „Ja, Job erledigt. Kein Problem.“ Und dann: „Bist wie ne Maschine, Mia. Das liebe ich an dir.“
Sie ist seine beste Killerin, sie erledigt Jobs, es gibt nie Schwierigkeiten. Sie ist allein, kennt außer Eddie kaum jemanden. Und … Penis … sie ist eine Frau, geboren im Körper eines Mannes. Deswegen scheint Mia zu töten – um Geld für die letzte Operation zu sammeln, die aus ihr auch körperlich endgültig eine Frau macht.
Und dann gewinnt sie eine Familie.
Denn Mia lebte einst, in der Zeit, in der sie außenrum noch mehr Mann war, mit einer Frau zusammen. Die ist soeben an Krebs gestorben, hat Mia zuvor per Brief aber noch darum gebeten, sich um den gemeinsamen Sohn zu kümmern, von dem Mia bisher nichts wusste. Um diesen Sohn haben sich seit der Beziehung damals noch einige andere Kinder angesammelt, die auf einem schrammeligen Hof draußen in Yorkshire leben.
Erzählen statt erklären
Klingt wie eine Mischung aus Landlust und den Verrücktheiten einer Großstadt. Für diese Eigenproduktion des britischen Senders Sky Atlantic hat Paul Abbott („Shameless“) aber ein sehr einfühlsames Drehbuch verfasst, das aus den absurd scheinenden Elementen eine Welt mit großem Zauber erschafft, zugleich durchzogen vom Geruch von Schweinescheiße. „Hit and Miss“ verwebt das Raue und Blutige, das Komische und Lächerliche, das Zarte und Zerbrechliche, zu guter Unterhaltung.
Auch weil die Figuren Zeit bekommen, sich zu entwickeln. Vielleicht geht das manchem zu langsam. Aber das Tempo lässt die unaufgeregt und präzise spielende Chloe Sevigny als Mia ebenso wie die anderen Darsteller am besten zur Geltung kommen. Der zwischen Comicuntermalung, Sphärik und melancholischer Gitarre fluktuierende Soundtrack stärkt die Atmosphäre des Zwischenweltlichen.
Welche Schwierigkeiten ein transweiblicher Mensch mit seinem Körper hat, welcher Schmerz in der Kindheit liegt, das erzählt die Geschichte oft wie nebenher – sie erklärt sich nicht ständig.
Ist das falsch? Müsste – wenn denn schon mal ein Transsexueller im Fokus steht – das nicht noch stärker thematisiert, problematisiert werden? In „Hit and Miss“ steht die Geschichte im Vordergrund, dadurch wird der Eindruck, den sie hinterlässt, aber nur stärker.
Ein Skandal ist, dass diese starke Serie nach sechs Folgen nicht mehr weitergeht. Obwohl die Kritiker und, wichtiger, auch ein größeres Publikum in Großbritannien sie sehr mochten.
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