: Neue Prozesse gegen chinesische Dissidenten
■ Im Schatten der Golfkrise wird die Opposition abgeurteilt, Liu Xiaobo konterrevolutionäre Propaganda vorgeworfen
Peking (afp) — Gegen einen prominenten Teilnehmer der blutig niedergeschlagenen Demokratiebewegung in China ist am Mittwoch in Peking der Prozeß eröffnet worden. Im Anschlag am Pekinger Landgericht hieß es lediglich, dem 35jährigen Liu Xiaobo werde „konterrevolutionäre Propaganda und Aufwiegelung“ zur Last gelegt. Der renommierte Literaturkritiker und Dozent für chinesische Literatur an einer Pekinger Universität wird von den Machthabern zu den „Schwarzen Händen“ gezählt, also zu den intellektuellen Drahtziehern der Studentenbewegung. Am 6. Juni 1989, zwei Tage nach der gewaltsamen Niederschlagung der Kundgebungen für Demokratie und Menschenrechte, war Liu festgenommen worden, der aus der Nordostprovinz Jilin stammt und dessen zahlreiche Schriften in breiten Studentenkreisen Widerhall fanden. Im April 1989 hatte er eine Forschungsreise in den USA abgebrochen, um sich den Hungerstreikenden auf dem Platz des Himmlischen Friedens anzuschließen.
Am Dienstag dieser Woche war bereits vom selben Landgericht die Verfahrenseröffnung gegen den Intellektuellen Bao Zunxin verkündet worden. Aus übereinstimmenden Quellen wurde zudem bekannt, daß seit Anfang Januar 15 weiteren studentischen Akteuren des Pekinger Frühlings ein Prozeß gemacht wird. Regierungssprecher Yuan Mu teilte mit, die Verfahren gegen „eine kleine Zahl“ noch inhaftierter Personen würden bald abgeschlossen.
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