Neue Probleme im Versuchsendlager Asse: Über dem Atommüll knirscht es
Im Versuchsendlager Asse wackelt die Decke der Einlagerungskammer 4. Kommt es zum Einsturz, könnte Radioaktivität über die Lüftung des Bergkwerks nach außen gelangen.
HANNOVER taz Neuer Ärger mit der atomaren Altlast Asse: Im Versuchsendlager droht die Decke einer Einlagerungskammer einzustürzen. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schließt dabei eine Freisetzung von Radioaktivität im Innern des ehemaligen Salzbergwerkes nicht aus. Das Amt will möglichst schnell vor der gefährdeten Kammer einen zusätzlichen Salzbeton-Wall errichten.
Dass sich die Decke in Kammer 4 bewegt, hatte der alte Asse-Betreiber Helmholtz Zentrum schon Ende 2008 festgestellt. Das BfS, seit Neujahr verantwortlich, informierte diese Woche die Asse-Begleitgruppe aus Kommunalpolitikern, Wissenschaftlern und BI-Vertretern über die Befunde. Demnach gibt es Schäden, "durch die sich künftig Teile der Decke lösen und auf in der Kammer lagernde schwachradioaktive Abfälle stürzen könnten". Bei der Auswertung seismischer Überwachungsdaten sei in der Decke "eine Häufung mikroseismischer Ereignisse" festgestellt worden.
Die in der Kammer lagernden Atommüllfässer werden einen Einsturz der Decke kaum unbeschadet überstehen. Darüber hinaus will das Bundesamt nicht ausschließen, dass dann durch "entstehenden Druckaufbau die Verschlüsse der Kammer durchlässig und Radioaktivität freigesetzt werden könnte". Das BfS schloss ausdrücklich auch ein Herabstürzen des gesamten Salzfirstes der Kammer nicht aus. Dann könnte Radioaktivität unter Umständen auch nach oben in höhere Stockwerke des Bergwerks entweichen.
Der Asse-Betreiber will nun umgehend bei der niedersächsischen Bergbehörde die Genehmigung für eine zweite Abdichtung beantragen. Vor der Mauer, mit der die Kammer verschlossen ist, soll eine zusätzliche Barriere aus Salzbeton entstehen. Der gefährdete Bereich ist nur noch eingeschränkt zugänglich.
"Jetzt rächt sich, dass man nicht schon vor Jahren gehandelt hat", sagt Peter Dickel vom Asse-2-Koordinationskreis. Alle Radioaktivität, die im Innern der Grube freigesetzt werde, könne über die Lüftung des Bergwerks auch nach außen gelangen. Dickel fürchtet zudem, dass die Instabilität des Bergwerks die Chancen auf eine Rückholung der dort eingelagerten 126.000 Atommüllfässer mindert. In der Schachtanlage sind bereits Decken mehrerer alter Abbaukammern eingestürzt. Bislang betraf dies aber keine der 13 Kammern mit Atommüll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen