Neue Notebooks: Schick, sparsam, aber nicht öko
Neue Notebooks verbrauchen weniger Strom als alte, sind in der Produktions aber energieintensiv. Um die Umwelt zu schönen, müssten sie 89 Jahre gebraucht werden.
BERLIN taz | Wer ein neues Elektrogerät kauft, will damit häufig auch die Umwelt entlasten. Schließlich verbraucht das Neue meist weniger Energie als das Alte. Zumindest was Notebooks angeht, hat das Umweltbundesamt (UBA) diese These nun mit einer Studie widerlegt. Im Gegenteil: Die Produktion eines Notebooks kostet so viel mehr Energie als dessen Betrieb, dass es bei der üblichen Effizienzsteigerung bis zu 89 Jahre benutzt werden müsste, um tatsächlich Strom zu einzusparen.
„Häufig sind gerade die trendigen Produkte weniger ökologisch“, sagt Marina Köhn, Mitarbeiterin in der Beratungsstelle Green IT beim UBA. „Die erste Frage, die sich ein Verbraucher daher stellen sollte, ist: Brauche ich wirklich ein neues Gerät oder laufe ich einem Trend hinterher?“
Die Forscher von Öko-Institut und Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration, die das UBA für die Studie beauftragt hatte, kommen nach der Untersuchung der Energiebilanz zu dem Schluss: besser lange nutzen als neu kaufen, auch wenn das neue Gerät etwas energiesparender ist.
Weniger als drei Jahre in Gebrauch
Doch mit der langen Nutzung ist es nicht so einfach. Denn die Hersteller arbeiten darauf hin, dass Kunden eher ein neues Gerät kaufen, als das alte nachzurüsten oder gegebenenfalls zur Reparatur zu bringen. Das führt laut der Studie dazu, dass Notebooks häufig weniger als drei Jahre genutzt werden.
Die Probleme beginnen schon beim Akku. Ist er fest eingebaut? Dann kann der Nutzer nicht einfach selbst einen neuen Akku einsetzen, wenn der alte nach einigen Jahren immer schwächer wird. Entweder muss ein Fachmann einen neuen Akku einbauen, oder das Gerät fällt für die mobile Nutzung weitgehend aus.
Haben ist besser als brauchen
Fest eingebaute Teile sind laut Köhn darüber hinaus ein Nachteil beim Recycling: Wertvolle Rohstoffe wie etwa Kobalt im Akku würden nicht extra verwertet, sondern einfach mit eingeschmolzen. Weiter geht es bei anderen Komponenten wie etwa dem Arbeitsspeicher. Lässt er sich nachrüsten, um aufwendigen Anwendungen, wie etwa Videoschnitt standzuhalten? Auch das ist nicht immer der Fall. „Der Nutzer wird förmlich dazu aufgefordert, neue Geräte anzuschaffen“, kritisiert Köhn.
Auffällig ist die Tendenz zu festen Komponenten beispielsweise bei den sogenannten Ultrabooks. Das ist ein Typ leichter, flacher Geräte, für die Chiphersteller Intel die Kriterien vorgibt. Ein Segment mit wachsendem Marktanteil, auch wenn er voraussichtlich nicht wie von Intel geplant bis Jahresende bei 40 Prozent liegen wird. Intel selbst, ebenso wie die Notebookhersteller Apple, Asus und Samsung ließen eine Anfrage der taz zu dem Problem der eingebauten Akkus unbeantwortet.
Für Verbraucher kann allerdings ein Blick in die Garantiebedingungen aufschlussreich sein: Während einige Hersteller schon die Garantie verwehren, wenn der Nutzer nur den Arbeitsspeicher erweitert hat, stellen andere Anleitungen bereit, wie die einzelnen Teile ausgetauscht werden.
Doch Autoren der Studie kritisieren nicht nur die Industrie, sondern auch die Politik. So sei der Energieaufwand des Herstellungsprozesses in der Politik bislang vernachlässigt worden: „Die europäische Ökodesignpolitik legt ihren Fokus (…) auf die Steigerung der Energieeffizienz beziehungsweise die Reduzierung des Energieverbrauchs in der Nutzungsphase“, heißt es. Das könne bei anderen Geräten, die einen hohen Verbrauch haben, sinnvoll sein.
Auf Schnittstellen achten
Bei Notebooks, die ohnehin auf Sparsamkeit getrimmt seien, müsse man jedoch bei der Herstellung, bei der Reparatur und beim Recycling ansetzen. Köhn fordert daher vorgeschriebene Mindeststandards, zum Beispiel was die Verfügbarkeit von Ersatzteilen angeht.
Verbrauchern rät Köhn: Wenn es wirklich ein neues Gerät sein muss, auf austauschbare Teile und vorhandene Schnittstellen achten, um gegebenenfalls nachrüsten zu können. Gerade Notebooks, die zuvor in Unternehmen eingesetzt wurden, ließen sich aus zweiter Hand kaufen. „Die sind in der Regel nicht verschlissen.“ Und dort, wo Informationen nur unzureichend vorhanden seien, könne es sich durchaus lohnen, auch mal direkt beim Hersteller anzufragen.
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