Neue Liegenschaftspolitik: Nicht mehr am großen Rad drehen
Berlins Liegenschaftsfonds hat seine Schuldigkeit getan und wird fusioniert. Denn mit der neuen Liegenschaftspolitik soll weniger verkauft werden.
Das Gelände eingezäunt, unterm Riesenrad ein trauriger Weihnachtsmarkt: Zwar hat das Land den Spreepark im Plänterwald im Februar zurückgekauft. Doch noch ist das 21 Hektar große Gelände wenig attraktiv, räumt Birgit Möhring, die Geschäftsführerin des Liegenschaftsfonds, ein. „Wir wollen das Gelände aber wieder begehungsfähig machen“, sagte Möhring bei der Bilanzpressekonferenz des Liegenschaftsfonds am Mittwoch. Auch das Riesenrad könnte eventuell erhalten werden. Zunächst müsse aber der Giftmüll auf dem Gelände entsorgt werden. Kostenpunkt: 4 Millionen Euro.
Nach zwei Jahren Sendepause gab der Liegenschaftsfonds wieder eine Pressekonferenz. Dabei starteten Möhring, die seit Dezember 2013 amtiert, sowie Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhoff (SPD) eine Charmeoffensive. Die zentrale Botschaft lautete, dass der Streit um die Liegenschaftspolitik im Senat beendet sei. „Im Januar nimmt der Portfolioausschuss seine Arbeit auf“, betonte Möhring. „Dann beginnen wir, alle Grundstücke des Landes und der Bezirke zu kategorisieren.“
Künftig sollen die landeseigenen Immobilien in vier so genannte Cluster aufgeteilt werden, erklärte Möhring: „Das erste sind die Grundstücke, die Land und Bezirke ohnehin nutzen. Dann geht es um die, die künftig für die Daseinsvorsorge wichtig sein könnten.“ Cluster drei und vier beinhalten schließlich die Grundstücke mit einer „Entwicklungsperspektive“ und einer „Verkaufsperspektive“. Erstere sind Flächen, die etwa für den Wohnungsbau in Frage kommen – sie sollen dann nur noch in einem Konzeptverfahren vergeben werden. Grundstücke mit „Verkaufsperspektive“ werden dagegen, wie bislang üblich, an den Meistbietenden vergeben. Der Portfolioausschuss, in dem Land und Bezirke im Konsens entscheiden, soll im Januar seine Aufgabe aufnehmen.
„Mit dem neuen Verfahren beenden wir die Praxis des bloßen Verkaufs“, betonte Sudhoff. Auch organisatorisch soll sich die neue Liegenschaftspolitik niederschlagen. „Im ersten Halbjahr wollen wir den Liegenschaftsfonds mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH zusammenführen“, so Sudhoff.
Dass die beiden Immobiliengesellschaften des Landes fusionieren, hat auch mit der Bilanz des Liegenschaftsfonds zu tun. Waren 2013 noch Verkäufe im Wert von 118 Millionen Euro zu verzeichnen, gingen die Erlöse bis November 2014 auf 70 Millionen Euro zurück. Zu den Höhepunkten des Geschäftsjahrs zählte Möhring neben dem Rückkauf des Spreeparks auch den Verkauf des Grundstücks Friedrichstraße 21-22 an die taz.
Staatssekretärin Sudhoff glaubt, dass einer Umsetzung der neuen Politik nun nichts mehr im Weg steht. Im Hinblick auf die oft kolportierten Konflikte zwischen Ex-Finanzsenator Ulrich Nußbaum und Ex-Bausenator Michael Müller sagte sie: „Es gab Zielkonflikte, aber die sind verhandelt. Wenn das in einer nicht ganz einfachen Konstellation gelungen ist, wird sich daran in einer einfacheren Konstellation nichts ändern.“ Mit der einfacheren Konstellation waren wohl der neue Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen und der neue Bausenator Andreas Geisel (beide SPD) gemeint.
Aber auch bei den Konzeptverfahren, bei denen künftig die Interessen des Landes etwa an billigen Mieten stärker wiegen als der Erlös, ist nicht alles Gold, was glänzt. „Mehr als zehn Jahre Mietbindung können wir schon aus rechtlichen Gründen von Käufern nicht verlangen“, sagte Sudhoff. Bei einer Vergabe in der Lichtenberger Rathausstraße, dem ersten solchen Verfahren überhaupt, waren sogar nur fünf Jahre gefordert worden. Den Zuschlag hatte die Howoge bekommen. Die Initiative Rathausstern, ohne deren Druck es gar nicht erst zu einem Konzeptverfahren gekommen wäre, ging leer aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana