Neue Geflüchtetenunterkunft: Geflüchtete in Spandau willkommen
Am Askanierring beziehen Geflüchtete ihr neues Zuhause. Die ehemalige Kaserne bietet Platz für knapp 300 Menschen.
Am Montag beziehen die Ersten ihre Zimmer. Vor dem gelb geklinkerten Militärbau, der in den 1880er Jahren errichtet und unter den Nationalsozialisten als Sportschule der Luftwaffe und nach dem Zweiten Weltkrieg von den britischen Streitkräften als Kaserne genutzt wurde, steht Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) und heißt die Gäste willkommen.
Er freue sich, dass die Wiedereröffnung nach der Renovierung des Gebäudes auf so großes Interesse bei den SpandauerInnen stößt. Die künftigen BewohnerInnen hätten bewegende Monate hinter sich und sollten hier nun „etwas Geborgenheit erfahren“. In den letzten Jahren hat die Zahl der in Berlin ankommenden Geflüchteten stetig abgenommen. Waren es 2015 noch 55.001, kamen 2019 nur noch 6.316 Menschen.
In der alten Kaserne ist bereits alles vorbereitet: Die Betten sind bezogen, frische Handtücher liegen bereit, eine bunte Spielecke für Kinder ist eingerichtet. Neben den Türen hängen kleine Schilder: Speisesaal, Waschmaschinen, Putzmittel, Hausaufgaben. In Kleingruppen führen Alexander Straßmeir, Präsident des LAF und Pressesprecher Sascha Langenbach die Besucher durch das Gebäude.
Eine Unterkunft für Familien
„Die Einrichtung ist für die sogenannte Erstaufnahme vorgesehen“, erläutert Langenbach. Die Geflüchteten erwartet hier Betreuung durch das Heimpersonal, zum Beispiel Unterstützung beim Ausfüllen der Asylanträge, eine ärztliche Erstuntersuchung und eine Kantine, die Vollverpflegung bietet. Die Unterkunft ist vor allem auf Familien mit Kindern vorbereitet – die großen Schlafräume bieten Platz für bis zu sechs Betten. Das Gebäude umfasst 2.650 Quadratmeter Wohnfläche und ist für bis zu 275 BewohnerInnen ausgelegt.
Dass es voll ausgelastet sein wird, ist angesichts der Raumaufteilung unwahrscheinlich. Und was sagen die alten Nachbarn zu den neuen Nachbarn? „Da erleben wir andernorts manchmal wirklich krasse Situationen. Anwohner wollen partout nicht akzeptieren, dass in ihrer Nähe eine Flüchtlingsunterkunft entsteht“, berichtet Langenbach. Im Askanierring allerdings gibt es kaum direkte Nachbarschaft, da die Unterkunft in einem Industriegebiet liegt.
Dennoch sind viele Spandauer gekommen, die Interesse zeigen. Zum Beispiel Heidrun Dürrenfeldt, Jahrgang 1944, findet es wichtig, dass die Geflüchteten hier ein vorübergehendes Zuhause finden. Sie selbst habe jahrelang einen geflüchteten Menschen nach seiner Ankunft in Deutschland begleitet.
Persönliche Schicksale
Der Mann sei für Dürrenfeldt wie ein zweiter Sohn geworden. Aus ihrer Handtasche holt die alte Dame den zerknitterten Flyer einer Kirchengemeinde raus. „Dort“, sie deutet auf zwei kleine Hinterköpfe in der ersten Reihe vor dem Altar, „sitzen wir beide“. Geflüchteten zu helfen ist für Dürrenfeldt eine Herzensangelegenheit geworden.
Engagement wie dieses wird noch immer dringend benötigt: Zurzeit sind laut LAF rund 20.000 geflüchtete Menschen in Unterkünften in Berlin untergebracht, die versuchen, sich hier ein neues Leben aufzubauen. Sie sind verteilt auf Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte. In Letztere ziehen die Geflüchteten meist nach 4 bis 6 Monaten und bleiben teils mehrere Jahre – denn der Wohnraum in Berlin ist knapp. Dort sind sie mehr auf sich gestellt. Aber vorher heißt es: erst mal ankommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!