Neue "Brigitte"-Studie: Frauen sind sehr selbstbewusst
Trotz Wirtschaftskrise lassen sich junge Frauen nicht verunsichern. Das zeigt die neue "Brigitte"-Studie. Jetzt müssen die Männer mitziehen, sonst werden sie fallen gelassen.
Im Frühling vergangenen Jahres machte eine Studie der Zeitschrift Brigitte vielen konservativen Männern Angst. "Frauen auf dem Sprung" hieß sie, und das Ergebnis war eindeutig: Junge Frauen in Deutschland sind sehr selbstbewusst, wollen Familie und Karriere, und sie wissen, dass sie "gut" sind. Skeptiker dachten damals: Lass die erstmal älter werden, einen Job starten, ihr erstes Baby kriegen - vielleicht schrauben sie dann ihre Ansprüche in Richtung Realität wieder herunter.
Falsch. Denn genau dieselben Frauen wurden vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) für Sozialforschung ein zweites Mal befragt. Das Ergebnis: Von ihren Hoffnungen, hohen Zielen und Ehrgeiz ließen sie sich nicht abbringen - nicht einmal durch die derzeitige Wirtschaftskrise. "Die jungen Frauen machen keinen Rückzieher, im Gegenteil, sie bekräftigen noch selbstbewusster, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen", sagte Soziologin und WZB-Chefin Jutta Allmendinger am Montag in Berlin.
Bei der letzten Befragung waren die rund 1.000 Frauen 17 bis 19 Jahre und 27 bis 29 Jahre alt. Viele haben mittlerweile einen Job gefunden oder ihren Arbeitsplatz gewechselt, einige haben neue Partner oder ihr erstes Kind bekommen.
Gedämpft hat das ihren Ehrgeiz nicht. "Die Karriereaspirationen sind unverändert hoch geblieben", so Jutta Allmendinger. Ein Drittel von ihnen beansprucht immer noch Führungspositionen. Gemessen wurde das - diese wissenschaftliche Erhebungsmethode klingt eigentlich lustig - anhand von Bildern eines Handballteams mitten im Spiel, oder eines Fischschwarms. Mit welcher Figur würden sie sich identifizieren, mit denen, die hinten bleiben, oder denen, die ganz vorn mitschwimmen, oder eben den Ball antreiben? Es zeigte sich: Die meisten Frauen wollen gern Leitfisch sein; den Ball ins Tor werfen.
Oder eben: Die Frauen wollen auf die Chefinnensessel. Es scheint also, als hätte die sogenannte Realität die Frauen nicht auf den Boden zurückgeholt, sondern angespornt und stark gemacht.
Keine Missverständnisse: Hier ist nicht die Zickenarmee im Anmarsch. Die jungen Frauen wissen nur einfach sehr genau, was sie und wie sie es wollen.
Auch vom Partner. Sie würden ihm nicht hinterherscharwenzeln und seine Socken auflesen - und "versorgt" werden wollen sie auch nicht. Im Gegenteil, der Mann ist gewünscht, aber eben nur Dreingabe: Nur noch 17 Prozent würden für den Partner den Beruf wechseln - davor waren es noch 37 Prozent. Nur jede Zehnte würde auf Kinder verzichten, weil der Partner nicht will. Trotzdem, ein Leben mit gemeinsamen Kindern und eine gleichberechtigte Partnerschaft wünschen sie sich schon. Und an Männern interessiert sie am meisten, ob er sich Zeit für die Familie nimmt - erst danach kommen Attribute wie Bildung, Aussehen oder Einkommen. Auf viele Männer übt das Druck aus. Vielleicht nicht auf bekennende konservative, ausgemachte Machomänner, die man heutzutage ohnehin immer seltener antrifft.
Aber auf die "normalen" Männer, die "neuen Väter", wie sie in aktuellen Studien und Umfragen nicht zuletzt des Familienministeriums immer wieder vorkommen. Sie wollen natürlich im Job vorankommen, klar. Doch nicht wenige würden auch gerne mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen.
Die Situation ist aber immer noch so: Männer verdienen mehr als Frauen. Sie werden schief angeguckt, wenn sie länger als zwei Monate Elternzeit nehmen wollen. Kein Wunder, dass die Frau nach der Geburt in Teilzeit geht und der Mann mehr Überstunden macht als vor der Geburt des Kindes. Berufstätige dürfen die Arbeit mit nach Hause nehmen, aber nicht die Familiensorgen an den Arbeitsplatz, erklärt Soziologin Allmendinger.
Eigentlich müssten die Männer den Druck und die selbstbewussten Wünsche ihrer Frauen direkt an den Betrieb weitergeben: Betriebliche Kitas fordern, auf ihrem Recht auf Elternzeit bis zu einem Jahr bestehen. Doch der Frust der Männer ist anscheinend noch nicht hoch genug.
Vielleicht ändert sich das ja, je mehr die Frauen ihren eigenen Weg gehen. Ein Beispiel: Die Frauen wurden in der Brigitte-Studie gefragt, wie sie sich in folgender Situation entscheiden würden: Sie sind am Wochenende zwar mit ihrem Partner verabredet, doch ihre absolute Lieblingsband - die der Partner nicht mag - gibt ein Konzert. Was tun? Kaum eine würde für den Partner auf das Konzert verzichten. Nur wenige würden den (unwilligen) Partner seufzend mitnehmen. Gute 60 Prozent aber würden sich kurzerhand zwei Tickets kaufen - und ihre beste Freundin einladen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen