Neue Berufe mit alten Inhalten?

■ Detlef Stüwe vom Bremer Arbeitsamt über neue Ausbildungsberufe und ihre Marktchancen

Die Bundesanstalt für Arbeit hat jetzt eine Reihe neuer Ausbildungsberufe vorgestellt. In Zukunft können sich Jugendliche unter anderem zum Automobilkaufmann oder zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste ausbilden lassen. Welchen Einfluß diese neuen Berufe auf den Bremer Ausbildungsmarkt haben, wollten wir von Detlef Stüwe wissen. Er ist Abschnittsleiter und beim Arbeitsamt Bremen zuständig für Ausbildungsberufe.

Herr Stüwe, es gibt eine Reihe von neuen Berufen. Wer denkt sich die eigentlich aus?

Das Bundesinstitut für Berufsbildung in Berlin erarbeitet die Vorschläge gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium, den Unternehmerverbänden und den Arbeitnehmerverbänden.

Wofür brauchen wir eigentlich neue Berufe?

Das duale Ausbildungssystem war den Anforderungen der technologischen Zukunft nicht mehr gewachsen. Es dauerte viel zu lange, die einzelnen Berufe an die neuen Entwicklungen anzupassen. Die Diskussion darüber läuft seit 1996. Seitdem hagelt es neue Berufe.

Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste mit der Fachrichtung Bibliothek ist einer dieser neuen Berufe. Er soll Informationen beschaffen, erschließen und vermitteln. Das machen Bibliotheksassistenten jetzt auch schon. Eine Mogelpackung?

Das ist eine berechtigte Frage. Natürlich gibt es mitunter Überschneidungen und neue Berufe, die alte nur ersetzen. Aber im Endeffekt wirken sich die neuen Berufe positiv auf das Potential an Ausbildungsberufen aus. Der Bereich Informationsvermittlung zum Beispiel expandiert durch die neuen Medien sehr stark. Die sachbearbeitende Ebene war im dualen Ausbildungssystem bislang nicht vorhanden. Das hat sich jetzt geändert.

Was ist denn mit dem Automobilkaufmann? Ein Industriekaufmann kann sowohl im Autohaus als auch in einer Schraubenfabrik arbeiten, der Automobilkaufmann nur im Autohaus. Ist das nicht eine Spezialisierung, die Arbeitnehmern auf dem Arbeitsmarkt eher schadet?

Nein, eigentlich nicht. Es gibt den Speditionskaufmann oder den Kaufmann im Groß- und Außenhandel. Die Ausbildung im kaufmännischen Bereich ist seit eh und je branchenspezifisch – außer Industriekaufmann oder Bürokaufmann. In der Automobilbranche gab es einen solchen Beruf bislang nicht.

Was ist mit dem Kaufmann für audiovisuelle Medien, der beim Hörfunk oder den Printmedien arbeiten soll? Ist das nicht der gute alte Redaktionsassistent, dem man jetzt einen neuen Titel verpaßt?

Redaktionsassistent ist kein Ausbildungsberuf. Und genau darum geht es bei diesen neuen Berufen. Die Tätigkeiten werden normiert und zu richtigen Berufen gemacht, damit sie nicht den Quereinsteigern anheimfallen. Es soll qualifiziertes Personal herangezogen werden. Dazu nutzt man die Nischen, die sich bieten.

Die Arbeitswelt fordert aber vielfältig einsetzbare Kräfte und keine Spezialisten, die nur in einem Bereich eingesetzt werden können.

Das bedeutet ja nicht, daß übergreifende Qualifikationen zerstückelt werden, sondern es geht um völlig neue Anforderungen, die sich durch die neuen Technologien entwickeln.

Und wieviele Ausbildungsplätze sind durch diese neuen Berufe in Bremen geschaffen worden?

155 und zwar unter anderem als Informations- und Telekommunikationssystem-Elektroniker, Informatik-Kaufmann, Fachinformatiker und Kaufmann für Verkehrsservice. Fragen: kes