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Neue Auswanderung aus Bulgarien

Sofia (AFP) - In Bulgarien steigt die Zahl auswanderungswilliger Angehöriger der türkischstämmigen Minderheit. Zwischen 35.000 und 50.000 Bulgaren türkischer Herkunft hätten seit dem Frühjahr ihr Land in Richtung Türkei verlassen, berichtete jetzt die Organisation der türkischen Minderheit in Bulgarien (MDL). Im Gegensatz zu dem massiven Exodus im Sommer 1989 verließen die türkischstämmigen Bulgaren ihr Land nun aus rein wirtschaftlichen Gründen, erklärte der Sekretär der MDL, Mumun Emin. „Vor drei Jahren fühlten sich die Türken von der aufgezwungenen Assimilierungs- und Bulgarisierungspolitik des kommunistischen Regimes bedroht, jetzt gehen sie, weil sie finanziell nicht mehr über die Runden kommen“, sagte Emin weiter.

Insbesondere in Südbulgarien sei der Exodus zu spüren, sagte der MDL-Sekretär. Hier seien ganze Dörfer entvölkert. Nach Angaben der MDL wurden am Wochenende erstmals Busse von den türkischen Behörden zurückgeschickt.

Hintergrund der Auswanderungswelle ist vor allem ein neues Gesetz, mit dem die landwirtschaftlichen Anbaugebiete an ihre alten Besitzer zurückgegeben werden sollen. Damit wurde vielen türkischstämmigen Bulgaren, die diese Flächen unter der kommunistischen Herrschaft für den Anbau von Tabak gepachtet hatten, ihrer Existenzgrundlage beraubt.

Nach der Änderung des bulgarischen Staatsbürgerschafts- und Paßgesetzes unter der Herrschaft des kommunistischen Staats- und Parteichefs Todor Schiwkow war es im Sommer 1989 zu Unruhen unter der türkischstämmigen Minderheit gekommen, die sich weigerte, ihre Namen zwangsbulgarisieren zu lassen. Im Verlauf des Konfliktes hatten rund 350.000 türkischstämmige Bulgaren ihr Land zum Teil gezwungenermaßen verlassen.

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