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Neue Atomgespräche mit TeheranIAEA von „Terroristen“ unterwandert

Reden ja, verhandeln nein. Irans Unterhändler spricht mit dem Sicherheitsrat über das Nuklearprogramm. Derweil wirft Teheran der Atombehörde IAEA Sabotage vor.

Catherine Ashton mit Chefunterhändler Said Dschalili im Mai 2012. Bild: dapd

BRÜSSEL/WIEN dpa | Die Europäische Union hat neue Gespräche mit dem Iran über das umstrittene Atomprogramm Teherans bestätigt. Es handele sich bei einem Treffen der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton mit dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalili am Dienstagabend in Istanbul aber „nicht um eine offizielle Verhandlungsrunde“, sagte eine Sprecherin Ashtons am Montag in Brüssel.

Das Treffen werde „eine Gelegenheit sein, um dem Iran einmal mehr die Bedeutung eines dringlichen und bedeutsamen Schritts zur Vertrauensbildung deutlich zu machen“ und Teheran zu mehr Flexibilität angesichts der Vorschläge der sechs anderen an den Verhandlungen beteiligten Staaten aufzufordern.

Auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA setzt trotz fehlenden Fortschritts im Atomstreit mit dem Iran weiter auf Gespräche. Seine Behörde stehe weiterhin fest dahinter, den Dialog mit dem islamischen Land zu verstärken, sagte IAEA-Chef Yukiya Amano zum Auftakt der IAEA-Vollversammlung mit 155 Staaten am Montag in Wien.

Man werde die Verhandlungen mit dem Iran fortsetzen, um alle offenen Fragen zu klären. „Ich hoffe wir werden uns ohne weitere Verzögerung auf eine Lösung einigen, die dann auch direkt umgesetzt wird“, sagte der IAEA-Chef.

Resolutionen und keine Ergebnisse

Seit der Resolution des IAEA-Gouverneursrates im November gegen das islamische Land hätten Gespräche zwischen der IAEA und dem Iran keine konkreten Ergebnisse gebracht, sagte Amano. Vergangenen Donnerstag hatte das aus 35 Staaten bestehende Leitungsgremium der Atombehörde erneut eine ähnliche Resolution gegen den Iran beschlossen, die das Land zur Kooperation auffordert.

Der Iran machte seinerseits die IAEA indirekt für Sabotage seiner Nuklearanlagen verantwortlich. „Terroristen und Saboteure könnten die Agentur unterwandert haben und versteckt die Fäden ziehen“, sagte der iranische Atomchef Ferejdun Abbasi-Dawani in Wien.

Ashton verhandelt im Namen der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) und Deutschlands mit dem Iran. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt den Iran, an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet das.

Drei vorherige Verhandlungsrunden in Istanbul (April), Bagdad (Mai) und Moskau (Juni) waren ebenso wie Expertengespräche im Juli erfolglos geblieben. Ashton und Dschalili hatten vereinbart, Ende August die Gespräche im Atomkonflikt wieder aufzunehmen.

Verschärfung der Sanktionen geplant

Die EU-Außenminister hatten am 7. September in Paphos (Zypern) abgemacht, eine Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran vorzunehmen. Diese sollten möglicherweise am 15. Oktober beschlossen werden. Möglich sind noch sehr umfassende Handelssanktionen, da die EU bereits zahlreiche Maßnahmen gegen den Iran bereits ergriffen hat - unter anderem ein Anfang Juli in Kraft getretenes Ölembargo.

Die EU-Minister hatten auch vereinbart, die UN-Vollversammlung zu benutzen, um erneut den Druck auf die iranische Regierung zu erhöhen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte erst am Sonntag erklärt, seiner Ansicht nach sei der Iran nur noch sechs bis sieben Monate von einer Atombombe entfernt.

Dschalili traf am Montag in Ankara den türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu, ohne dass sich die beiden gemeinsam öffentlich äußerten. Ein Sprecher des türkischen Außenministeriums sagte, sein Land sei an den Gesprächen über das iranische Atomprogramm am Dienstag nicht beteiligt.

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17 Kommentare

 / 
  • B
    Birgit

    @ Hirn im Wassertank

     

    Vielen Dank für den Hinweis, so scheint es tatsächlich zu sein. Allerdings läuft mein innerer Widerstand im Kern einfach darauf raus, dass man durch solche Aktionen den Iran einfach in den Geruch des Bombenbauers bringen will, und auch wenn es völliger Quatsch ist: irgendwas bleibt bekanntlich immer hängen. Und ehe man sichs versieht, sind auch schon die israelischen Bomber unterwegs ...

     

    Nach allem, was man weiß, hat der Iran nicht einmal ein Programm (geschweige denn das Know-How) zum Bau "konventioneller" Atombomben. Boosted bombs wären da aber schon der übernächste technologische Schritt, als Mischform von Fusions- und Fissionswaffen. Deshalb mein Ja-geht's-noch an alle Propagandisten in der Runde, und mein Hinweis auf die ebenso große Gefahr iranischer Kampfraumschiffe.

     

    Wenn die IAEA-Muckel wirklich Angst vor Tritium-Bomben haben, dann bringt es gar nichts, wenn sie Schwerwasserzentrifugen kontrollieren. Ich sage nochmal: das ist völliger Schwachsinn, so völlig, dass man wirklich schon anfängt, über Hintergedanken nachzusinnen. Wenn die nach Tritium suchen, dann sollten sie sich in Schwerwasserreaktoren umsehen, denn *dort* entsteht Tritium - und so etwas gibt es im Iran derzeit noch nicht. Und fertig. Sollte sich das mal ändern, kann man ja nochmal über Kontrollen sprechen.

  • B
    Birgit

    @ Pluto

     

    Vielen Dank für die Quelle - auch wenn ich immer noch nicht so ganz glauben kann, dass es die Originalquelle ist. Denn sonst hätte die taz den Wortlaut ihrer Zitate ja frei erfunden.

     

    Abbasi sagt also:

     

    "“Normally the [iAEA] reports are never circulated; especially, those which are provided to the Board of Governors and General Conference. But we have realized that even prior to the reports of IAEA chief Mr. Amano to the General Conference, some institutes gain access to the information,” Abbasi stated.

     

    “If Mr. Amano ignores our request for not disclosing our data, he will be held accountable for possible damage inflicted on Iran's facilities, be it by a terrorist act or a military operation,” he warned."

     

    Klingt vernünftig und gut begründet. Da bleiben nur zwei Möglichkeiten: entweder lügt er das Blaue vom Himmel herab, oder der Iran hat tatsächlich derartige Erfahrungen gemacht. In letzterem Fall wäre die iranische Haltung absolut verständlich.

     

    Allerdings hätte ich noch immer gerne die Originalquelle der taz-Zitate.

  • P
    Pluto

    @Frau B. Fremdlieb

     

    Sie können hier das Interview von Hern. Abbasi lesen bzw. anschauen.

     

    http://www.presstv.com/detail/2012/09/19/262521/iaea-responsible-for-possible-attack/

  • HI
    Hirn im Wassertank

    Nun auch ein PS von mir:

     

    Bei dem von Ihnen gemeinten Thinktank handelt es sich wohl um globalsecurity.org, das mir, sagen wir mal so, wirklich nicht unbedingt die Mutter der Objektivität zu sein scheint. Hat aber abgesehen von der Namensähnlichkeit definitiv nichts mit dem Journal zu tun. Ehrlich.

  • LZ
    langsam ziemlich verwässert

    @Frau Fremdlieb

     

    Nun habe ich glatt meinen letzten Kommentar abgeschickt, ohne Ihr/Dein(?) PPS gelesen zu haben.

     

    Sie haben Recht - Punkt für Sie. Ich hätte gewettet, dass das Zusatzprotokoll mittlerweile ratifiziert wäre. Asche auf mein Haupt...

     

    Bezüglich des Umfangs der politischen Einflussnahme auf die IAEA bleibe ich trotzdem skeptisch. Natürlich schwebt sie nicht im Vakuum, letztlich ist es eine politisch organisierte Einrichtung, in der die Mitgliedstaaten versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Aber um auf der Ebene der Berichte über vermeintlich oder tatsächlich verdächtige Staaten erfolgreich zu manipulieren, sind meiner Ansicht nach einfach zu viele Personen involviert, die mit politischen Interessen wenig am Hut haben, angefangen bei den Inspektoren, Messtechnikern usw., denen ich einfach mal wahlweise Idealismus oder apolitisches Fachinteresse unterstelle. Oder ist das zu naiv?

     

    Das Beispiel Irak hakt vielleicht etwas. Wenn ich mich richtig erinnere, war es relativ schnell klar, dass es kein aktives Nuklearprogramm mehr gab. Deshalb musste ja dieses unsägliche Fake eines Chemiewaffenprogramms aufgelegt werden, und damit hat die IAEA nun wirklich nichts zu tun. Das haben Bush, Cheney & Co allein zurechtgedreht.

     

    Davon abgesehen: Das wirklich Wichtige haben Sie ja schon in Ihrem letzten Absatz auf den Punkt gebracht. Den unterschreibe ich gerne!

  • L
    Leichtmatrose

    @Frau Fremdlieb

     

    Na, das klingt ja richtig versöhnlich...

     

    Zwei Dinge möchte ich trotzdem noch anmerken:

     

    Es gibt viele gute Gründe, den NPT und dessen Umsetzung zu kritisieren. Das war für mich auch gar nicht der Punkt. Aber Du hattest - offenbar in Unkenntnis sowohl der Proliferationsrelevanz von schwerem Wasser als auch der Rahmenbedingungen von IAEA-Inspektionen - der IAEA sachlich unbegründete, schikanöse Willkür vorgeworfen, und das finde ich einfach nicht haltbar. Ein kurzer Blick in den Vertragstext zeigt, in welch engem Paragraphenkorsett die IAEA agieren muss - Willkür sieht wirklich anders aus. Nebenbei angemerkt: Bei dem verlinkten Text des Zusatzprotokolls handelt es sich um ein Muster, an dem sich die Verträge mit den einzelnen Staaten orientieren sollen. Tatsächlich hatte jeder Unterzeichnerstaat in den Vertragsverhandlungen die Möglichkeit, individuelle Änderungen vorzunehmen. Bei Inspektionen geschieht also nichts, was von den Betroffenen nicht vorher explizit gebilligt worden ist.

    Und meine Kritik an Deinen Wiki-Zitaten war einfach die, dass dort nichts über die im Kontext von Schwerwasserverwendung in Nuklearwaffenprogrammen wichtigen, nicht unbedingt zum Standardwissen gehörenden Zusammenhänge zu finden war (Isotopenzusammensetzung von Waffen- vs. Reaktorplutonium, Abhängigkeit des Pu-240-Anteils von der Bestrahlungszeit der Brennelemente, mögliche Bestrahlungszeiten in Leicht- vs. Schwerwasser- und Graphitreaktoren...) - aber Schwamm drüber.

     

    Zu deinen Vorwurf mangelnder Quellenkritik: Ich fürchte, Du verwechselst da etwas. "Science & Global Security" ist kein Thinktank, sondern ein Journal, in dem Wissenschaftler ihre Papers veröffentlichen können. Es ist zwar an der Princeton University angesiedelt, wird jedoch von einer international gemischten Gruppe von (nicht dort angestellten) Wissenschaftlern diverser Universitäten und Forschungsinstitute - darunter sogar eine "Schurkenstaat"-Uni in Islamabad, jaja - herausgegeben.

    Von einem der Autoren des von mir verlinkten Papers weiß ich, dass er sich seit langem für nukleare Abrüstung mit dem Ziel einer vollständigen Abschaffung aller vorhandenen Arsenale einsetzt. Habe nämlich eine Weile bei ihm studiert.

    Falls Du doch mal dazu kommst, das Paper zu lesen, wirst Du feststellen, dass sich dessen Ansatz ausdrücklich auch gegen die vertikale Proliferation richtet, also gegen die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Arsenale des bestehenden Oligopols (auch wenn der Titel dies zugegebenermaßen nicht unbedingt impliziert).

     

    Wie auch immer. Gutes Gelingen jedenfalls weiterhin bei Deiner Überzeugungsarbeit gegen das Kriegsgeheul. In diesem Punkt sind wir uns ja einig.

  • FB
    Frau B. Fremdlieb

    PPS. Jetzt haben Sie es geschafft, und ich habe doch nochmal nachgesehen. Sie sind mir einer! Lügen zwar nicht ganz, aber sagen auch nicht die ganze Wahrheit, sie Schlawiner!

     

    Das Zusatzprotokoll, auf das sie sich beziehen, wurde vom Iran niemals ratifiziert und ist völkerrechtlich daher auch nicht verbindlich! Folglich haben die IAEA-Inspektoren auch rein rechtlich gesehen nicht das Geringste in den iranischen Schwerwasseranlagen verloren, und es ist daher auch zu 100% juristisch korrekt, wenn der Hausmeister denen die Tür verschließt und in den Feierabend geht.

     

    Und man muss den Iranern dazu gratulieren, dass sie das am Ende (nach gründlichem Nachdenken, vermute ich) dann doch nicht ratifiziert haben. Denn die IAEA besteht weder - wie Sie hier vorgeben - nur aus Fachleuten, die ohne jede weitere Agenda im politisch luftleeren Raum agieren. Noch besteht sie aus Terroristen und Saboteuren, wie es Abbasi-Dawani angeblich behauptet (angeblich, denn mit Zitaten von Iranern in unserer Presse ist es so eine Sache - ich würde mal gerne wissen, was er *genau* gesagt hat).

     

    Nein - die IAEA hat sich in den letzten Jahren einfach nur zu einem Instrument derer machen lassen, die ständig Terroristen und Saboteure in den Iran schicken. (Und dass letzteres der Fall ist, werden ja wohl nicht mal Sie abstreiten - oder doch? ;-) Und die sich zudem auch solcher Einrichtungen wie der IAEA bedienen, um sich Kriegsgründe aus dem Ärmel zu schütteln.

     

    Das hat sich schon 2002 und 2003 im Irak gezeigt, wo sich die IAEA ebenfalls äußerst segenreich miteinspannen ließ. Und dort hat es ja leider geklappt, zum bis heute fortdauernden Unmut und Entsetzen der ganzen Welt!

     

    Hoffen wir, dass solch eine Katastrophe den Menschen im Iran sowie der Weltöffentlichkeit heute erspart bleibt! Aber ich denke mal, das hoffen auch Sie ... oder etwa nicht?

  • FB
    Frau B. Fremdlieb

    PS. Darf ich eine schräge Formulierung in meinem letzten Kommentar korrigieren? Natürlich meinte ich:

     

    "... für die anderen Länder immer noch *strikter* und noch umfassender auszulegen?"

  • FB
    Frau B. Fremdlieb

    @ Leichtwasser

     

    Lieber Lumpi, wenn ich jetzt mehr Zeit hätte, würde ich Dir gerne so antworten, wie es der Zeit gebührt, die Du Dir selbst genommen hast. Hier aber nur kurz:

     

    Wenn ich auf Texte verlinke, die einfach nur akzeptiertes und millionenfach geprüftes Allgemeinwissen vorgeben, so, wie es auch auf Universitäten in der ganzen Welt gelehrt wird, dann ist "Wicki-Klicki" natürlich ein wirklich trifftiges Argument. Hier geht es einfach um die Grundbegriffe der Nukleartechnik und -physik, nimm oder stirb.

     

    Darüber hinaus danke ich Dir für den Link zu dem Paper eines der US-Regierung nahen Mini-Thinktanks, der tatsächlich nicht mit phantasierenden Spinnern, sondern nachprüfbar von vorne bis hinten mit Regierungs-Apparatschiks und US-Geheimdienstleuten besetzt ist.

     

    Warum wundert es mich nicht, dass deren wissenschaftliche Mitarbeiter dann zu Ergebnissen bzw. Empfehlungen kommen, die darauf rauslaufen, den Atomwaffensperrvertrag, an den sich ihr eigenes Land nur im aller-, allerweitesten Sinne halten mag, für die anderen Länder immer noch enger und noch umfassender auszulegen? Da sind wir dann nämlich bald wieder bei einer Kontrollbefugnis für Erdnussbutterzentrifungen und Schlafzimmer, diesmal eben nur in gepflegter akademischer Sprache formuliert.

     

    Ich schlage Dir also vor, die Dokumente, die Du uns hier verlinkst, auch selber mal *quellenkritisch* (!) zu lesen!

     

    Ich freue mich aber, dass Du zumindest wohl nicht zu den Leuten gehörst, die hier reflexhaft und mit Schaum vor dem Mund danach schreien, das böse Perserpack in die Steinzeit zurückzubombardieren. Immerhin. Und um diese Leute und um deren bösartige Kriegshetze geht es mir in erster Linie.

  • I
    I.Q

    Wie stellt denn die IAEA sicher, nicht von Agenten bestimmter Staaten unterwandert zu sein=

    Kann und will sie das überhaupt und gab es dazu keine Stellungnahmen?

  • LL
    Lumpi Leichtwasser

    @Birgit Schwerwasser-Strangelove

     

    Also ich habe ja nichts gegen ein gepflegtes Halbwissen. Davon horte ich selbst so einiges - auf anderen Gebieten. Allerdings solltest Du Dich damit nicht so weit aus dem Fenster lehnen und glauben, es besser als andere zu wissen. Ein bisschen Wiki-Klicki reicht dafür nun mal nicht, und der reine Umfang macht deine oberflächlich zusammengegoogelten "qualifizierten Erläuterungen" auch nicht tiefschürfender.

     

    Natürlich hat Deuterium verschiedene Anwendungsbereiche, aber es spielt eben auch eine wichtige Rolle bei der Plutoniumproduktion. Deshalb ist seine Herstellung - wie übrigens viele andere "Dual-Use"-Güter auch, Erdnussbutter ausgenommen - laut (vom Iran unterzeichneten) Zusatzprotokoll zu den IAEA "Comprehensive Safeguards Agreements" als meldepflichtig deklariert und entsprechende Einrichtungen können von Inspektoren kontrolliert werden. Nachzulesen unter Annex I (ix) in

    http://www.iaea.org/Publications/Documents/Infcircs/1997/infcirc540c.pdf

     

    Aber wahrscheinlich sind all die IAEA-Menschen, Physiker und Diplomaten, die so einen bescheuerten Vertrag mit derartig sinnlosen Klauseln entworfen bzw. unterzeichnet haben, einfach nur dumme Dilettanten.

     

    Und die Boosted Bombs, die Du so putzig ins Lächerliche zu ziehen versuchst (auch ein üblicher Propagandatrick, gell?), sind kein Equipment für Kampfraumschiffe, sondern schon seit Jahren Standard. Der Großteil der Sprengköpfe in den Arsenalen der etablierten A-Waffenstaaten ist Tritium-boosted. Und das ist durchaus auch für ambitionierte Neu-Bombenbauer interessant, weil sich dadurch die benötigte Menge an spaltbarem Material reduzieren lässt und die Sprengköpfe kleiner und leichter werden - nicht ganz unwichtig, wenn sie von Flugzeugen oder Raketen getragen werden sollen. Näheres dazu z.B. hier:

    http://scienceandglobalsecurity.org/archive/1995/08/international_control_of_triti.html

     

    Aber die Autoren dieses Papers sind sicher auch nur irgendwelche Spinner, die über Doomsday-Bomben und Antimateriewaffen phantasieren.

     

    Übrigens bin ich durchaus der Ansicht, dass der Iran vom Westen in den Atomverhandlungen nach Strich und Faden übers Ohr gehauen wurde (Stichwort: Urananreicherung im Ausland) und deshalb gute Gründe hat, misstrauisch zu sein.

     

    Allerdings ist es nicht so, dass IAEA-Inspektoren einfach so in den Anlagen herumspazieren und schalten und walten können wie sie wollen. Es sind immer Mitarbeiter der inspizierten Anlage anwesend, und der Ablauf einer Inspektion folgt einem festgelegten Protokoll. Da bleibt nicht viel Gelegenheit für Sabotage. Der Sabotagevorwurf klingt vor diesem Hintergrund eher nach einer billigen Ausrede, um nicht mit den Inspektoren zu kooperieren. Und dann muss man sich fragen: Warum tun sie das?

     

    Und nein, ich bin absolut KEIN Befürworter eines Angriffs auf den Iran. Das ist aber kein Grund, vor den Merkwürdigkeiten der iranischen Aktivitäten die Augen zu verschließen, wenn man Nonproliferation ernst nimmt.

  • PD
    Prof. Dr. Birgit Strangelove

    @ Lumpi Seichtwasser

     

    "Manchmal ist es hilfreich, sich vor dem öffentlichen Kopfschütteln ein wenig Sachkenntnis zu verschaffen."

     

    Lobenswert, Dein Vorsatz. Du setzt darauf, dass Du in kurzen, dummen Sätzen Fehlinformationen streust, und das bleibt beim flüchtigen Leser dann hängen - während meine umfangreicheren qualifizierten Erläuterungen dann doch lieber überlesen werden:

     

    der übliche Propagandatrick!

     

    Trotzdem weiter unten meine Erläuterungen.

     

    "Boosted Bombs" - ja geht's noch? Was bauen die iranischen Terrormullahs denn als nächstes? Wasserstoffbomben? Doomsday Devices, Antimaterie, Kampfraumschiffe? Ja, tatsächlich gibt es diese Befürchtung:

     

    http://www.der-postillon.com/2012/08/abc-waffenarsenal-von-schurkenstaaten.html

     

    ;-)

     

     

     

     

    ___________________________________

    Was sagen nun die Nobelpreisträger von der Wikipedia nun zum iranischen Schwerwasser?

     

    Schwerwasserreaktor: "Werden vor allem von Ländern mit eigenen Uranvorkommen, die keine Uran-Anreicherungsanlage besitzen, betrieben." - https://de.wikipedia.org/wiki/Schwerwasserreaktor

     

    "Der Iran verfügt über eigene Uranvorkommen, z. B. bei Yasd, Anarak und in Gchine. Derzeit wird Uranerz in einem Bergwerk bei Saghand abgebaut." - https://de.wikipedia.org/wiki/Iranisches_Atomprogramm

     

    Derzeit entwickelt der Iran seine Anreicherungsfähigkeit noch. Und angesichts der ständigen Drohung Israels, seine Industrieanlagen in Schutt und Asche zu bomben, versucht man halt, parallel auch diesen Weg zu gehen, um weniger angreifbar zu werden.

     

    Schwerwasser als normaler Werkstoff in der Industrie: "Eingesetzt wird Deuterium als Moderator in Kernreaktoren (hier in Form von schwerem Wasser), als Brennstoff in Wasserstoffbomben, als Ersatz für Protium (gewöhnlichen Wasserstoff) in Lösungsmitteln für die 1H-NMR-Spektroskopie und als Tracer in der Chemie und Biologie. Dort ist es ebenfalls in der NMR-Spektroskopie (insbesondere der Festkörper-NMR) ein wichtiges Isotopen-Label, um die Dynamik in organischen Substanzen zu detektieren und Strukturen aufzuklären. Ferner wird gasförmiges Deuterium in Speziallampen in Photometern eingesetzt, z. B. in der Atomspektroskopie als Quelle für UV-Licht." - https://de.wikipedia.org/wiki/Deuterium

     

    Also können die IAEA-Leute auch genausogut alle anderen Werkstofffabriken kontrollieren, in denen etwas produziert wird, mit dem man dann AUCH Bomben zusamenbasteln könnte - angefangen mit Eisen- und Stahlwerken, dann Plastik (wegen der Verdrahtung); und dann noch Erdnussbutter (womit sich der finstere iranische Dr. Strangelove beim Frühstück für die Arbeit stärkt). Und Herrn Müllers und Frau Maiers respektive Schlafzimmer, denn da produzieren die Unmenschen ja ihre Atomwissenschaftler ...

  • LL
    Lumpi Leichtwasser

    @Birgit Schwerwasser:

     

    "(Zur Erläuterung: Kernspaltung kann man eher noch mit Erdnussbutter erreichen als (von allen Substanzen im Universum) ausgerechnet mit Deuterium! Das weiß jeder, der sich auch nur 20 Minuten seines Lebens mit Kernphysik beschäftigt hat. Über sowas kann man nur den Kopf schütteln!)"

     

    Manchmal ist es hilfreich, sich vor dem öffentlichen Kopfschütteln ein wenig Sachkenntnis zu verschaffen.

     

    Wenn man sich etwas länger als 20 Minuten mit Kernphysik beschäftigt, kann man nämlich wissen, dass schwerwassermoderierte Reaktoren hervorragend für die Produktion von waffenfähigem Plutonium geeignet sind. Mit Leichtwasserreaktoren ist dies nur eingeschränkt bis gar nicht möglich. Außerdem dient Deuterium als Ausgangsstoff für die Produktion von Tritium, das Bestandteil sogenannter "Boosted Bombs" ist.

     

    @antares56:

     

    Weil Israel im Gegensatz zum Iran kein Mitglied im Non-Proliferation-Treaty ist. Und die "offiziellen" A-Waffenbesitzer müssen ihre Anlagen laut NPT überhaupt nicht kontrollieren lassen. Wozu denn auch? Was soll man da denn spannendes finden?

     

    p.s.

    Manchmal habe ich Zweifel, ob die Antispam-Captchas wirklich von Maschinen erzeugt werden. Meins heißt "boum"...

  • A
    antares56

    Ich warte darauf, dass die IAEA auch endlich ALLE israelischen Atomanlagen kontrolliert und das Israel bei Weigerung auch mit Sanktionen belegt wird! Warum wird in dieser Behörde immer nur einseitig gearbeitet? Wann wurden alle amerikanischen und russischen Anlagen kontroliert? Und warum NIE die israelischen?

  • J
    Jörn

    Die Unterwanderung internationaler Organisationen mit Geheimdienstagenten (gerade auch der CIA) ist ein Problem. Allerdings werden die internationalen Organisationen im Iran auf Schritt und Tritt beobachtet. Es werden daher sicher geheime Informationen weitergegeben, die für die Vorbereitung von Anschlägen verwendet werden könnten. Die Ausführung von Sabotageakten durch Mitarbeiter der IAEA erscheint jedoch nicht plausibel.

  • BS
    Birgit Schwerwasser

    Ihren Kommentar hier eingebDass die IAEA von Terroristen und Saboteuren durchsetzt sei, scheint mir ein wenig propagandistisch und weit hergeholt. Wenn Herr Abbasi-Dawani gesagt hätte, dass die IAEA ... na ja, einen direkten Draht in amerikanische Nachrichtendienst-Zentralen hat, dann ließe sich da schon eher drüber diskutieren.

     

    Denn die IAEA hat sich in letzter Zeit im Iran ziemlich weitgehend diskreditiert. Zuletzt etwa mit der Forderung, Zugang zu iranischen Schwerwasserzentrifugen zu erhalten - als ob das die IAEA auch nur das Geringste anginge...!

     

    (Zur Erläuterung: Kernspaltung kann man eher noch mit Erdnussbutter erreichen als (von allen Substanzen im Universum) ausgerechnet mit Deuterium! Das weiß jeder, der sich auch nur 20 Minuten seines Lebens mit Kernphysik beschäftigt hat. Über sowas kann man nur den Kopf schütteln!)

     

    Sachlich überhaupt nichts dahinter, aber Hauptsache, wir konnten den Iran mal wieder als Schurkenstaat darstellen. Und natürlich haben Fox News (und ebenso die deutschen Medien quer übers Spektrum, leider) daraus dann ein Szenario "Iran verbirgt sein Nuklearprogramm vor der Welt" gemacht.

     

    Die IAEA hat sich mit dieser und ähnlichen Aktionen zur Helfershelferin derer gemacht, die einen Casus Belli für einen Angriffskrieg gegen den Iran vorbereiten. Das sind die Leute, die beständig Sabotageprogramme wie Stuxnet, Flame und wer weiß was sonst noch gegen den Iran durchführen.

     

    Und was Terrorismus angeht: wer erschießt denn ständig iranische Atomwissenschaftler, wer sprengt sie und ihre Familien denn ständig mit Autobomben in die Luft?

     

    Und wären das wenigstens Bombenbauer! Tatsächlich sind das aber nur ganz normale, zivile Industriewissenschaftler, die auf ihrem Arbeitsplatz nichts Militärischeres treiben als etwa ihre Kollegen in Brasilien oder in den Niederlanden. Wovon - bekanntermaßen! - selbst der CIA von dieser Annahme ausgeht, sowie die rationaleren Kräfte im israelischen Sicherheitsapparat.

     

    So gesehen könnte man also sagen: die IAEA ist vielleicht nicht von Terroristen und Saboteuren unterwandert, aber sie hat sich in den letzten Jahren zu einem Teil jener Kräfte machen lassen, die ständig Terroristen und Saboteure in den Iran schicken - gemeint sind die USA und Israel.

     

    Über die Unterwanderung von UN-Agenturen durch die USA habe ich mal einen schönen Artikel von W. Madsen gelesen. Wenn sich jemand dafür interessiert, reiche ich den Link gerne nach.en

  • G
    Gonzi

    Wie soll denn der Laie da noch durchblicken, was da wer von wem fordert?

    Was also will die IAEA,

    was aber wollen die USA und die EU,

    was will der Sicherheitsrat und nicht zuletzt, was will der Iran,

    von der IAEA,

    von den USA und den EU,

    und überhaupt, was hat der Netanjahu damit zu tun, darf der bei der UN nicht vorsprechen=