Neue Antriebsformen: Der Traum vom Öko-Fliegen
Beim Luftfahrtsalon in Le Bourget bei Paris präsentiert die Branche Maschinen mit völlig neuen Antriebskonzepten. Der A380 fährt beim Einparken gegen ein Gebäude.
BERLIN taz | Der Traum vom Fliegen - längst jedes Jahr von Millionen Erdenbürgern realisiert - lässt sich immer wieder neu träumen: Angesichts der enormen Energie- und Klimaprobleme, die der rasant zunehmende Flugverkehr verursacht, ringt die internationale Luftfahrtbranche um effizientere Maschinen und alternative Antriebe.
Derzeit zeigt sie sich stolz auf dem Flugsalon in Le Bourget bei Paris, neben der Berliner Internationalen Luftfahrtausstellung (ILA) die wichtigste Messe der Branche. Auf dem Pariser Flugsalon, der Montag eröffnet wurde, werden in diesem Jahr nicht nur Flugzeuge präsentiert, die teilweise mit Biotreibstoff abheben - auch fantastisch anmutende Exponate wie ein Solarflugzeug und ein Modell einer superschnellen Öko-Concorde sind zu sehen.
Das Solarflugzeug Solar Impuls, unter anderem von der Deutschen Bank und Bayer unterstützt, hat dabei das Zeug, Star der Messe zu werden. Vor einem Jahr war das Fluggerät, für das man sich allenfalls Nischenanwendungen vorstellen kann, 26 Stunden am Stück in der Luft, angetrieben allein durch Sonnenenergie. Wie ist das möglich? Indem es einem gleitenden Greifvogel ähnelt: Es ist, im Vergleich zur Flügelfläche, sehr leicht, und bewegt sich nur sehr langsam, wofür eben nur wenig Energie notwendig ist.
In Zahlen: Bei einer Masse von 1.600 Kilogramm - so viel wiegt ein durchschnittliches Familienauto - hat es eine Flügelspanne von mehr als 63 Metern. Seine 12.000 Solarzellen befinden sich in den Tragflächen und speisen 4 Elektromotoren mit jeweils 10 PS Leistung. Zudem laden sie eine 400 Kilogramm schwere Lithiumbatterie, die ein Fliegen bei Nacht ermöglicht. Da ein derart konstruiertes Flugzeug kaum Nutzlast transportieren kann, sind allenfalls Nischenanwendungen denkbar: etwa für Landschafts- oder Wetterbeobachtungen.
Öko-Concorde mit Biosprit aus Algen
Immerhin, dieses Flugzeug ist real - die fantastisch anmutende Öko-Concorde gibt es nur als Scifi-Modell. Bis 2020 möchte der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS einen Prototypen der Maschine herstellen, 2050 könnte sie im Einsatz sein.
Das Flugzeug soll zwischen 50 und 100 Passagiere befördern und sich beim Start normaler Triebwerke bedienen, die mit aus Algen gewonnenem Biokraftstoff angetrieben werden. In der Luft soll die Maschine in ein Raketentriebwerk umschalten, das mit Sauer- und Wasserstoff betrieben wird, sodass lediglich Wasserdampf ausgestoßen wird. Das Flugzeug soll damit eine Höhe von 32 Kilometern erreichen können; herkömmliche Passagiermaschinen fliegen in etwa 10 Kilometer Höhe.
Der Clou der Öko-Concorde ist ihr Staustrahltriebwerk, das bisher in Raketen Anwendung findet. Vereinfacht gesagt, nutzt dieses Triebwerk die zuvor erreichte hohe Geschwindigkeit zur Kompression der dem Verbrennungsraum zugeführten Luft; der Energieaufwand für die Kompression entfällt somit. Zum Landen soll das neue Flugzeug zur Erde gleiten und erst in Bodennähe wieder auf die normalen Triebwerke umschalten, um beim Landen manövrierfähig zu sein.
Wegen Unfall keine Flugschau für Sarkozy
Ob sich damit die Umweltprobleme, die der stetig steigende Flugverkehr verursacht, lösen lassen, bleibt allerdings fraglich. Immerhin werden, so die Vision des Weltluftfahrverbandes Iata, im Jahr 2050 rund 16 Milliarden Flugpassagiere und 400 Millionen Tonnen Luftfracht unterwegs sein. Zum Vergleich: In diesem Jahr werden es geschätzte 2,8 Milliarden Passagiere und 46 Millionen Tonnen Fracht sein; vor zehn Jahren waren es 1,8 Milliarden Passagiere und 17 Millionen Tonnen.
Sehr irdisch sind auch die Probleme, die die EADS-Tochter Airbus in diesem Jahr in Le Bourget hat: Beim Einparken fuhr ein Exemplar des größten Passagierflugzeugs der Welt, ein A380, gegen ein Gebäude und beschädigte eine Tragfläche, so dass er beim wichtigsten Schaufliegen am Boden blieb.
Es war nicht der erste peinliche Zwischenfall für Airbus. Ein Schauflug des militärischen Transportjets A400M musste ebenfalls abgesagt werden, laut Hersteller wegen eines kleineren Fehlers im Getriebe. Das Flugzeug sollte am Montag einen Überflug machen, wenn der französische Präsident Nicolas Sarkozy die Luftverkehrsmesse besucht.
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