piwik no script img

■ Neu im Kino: Portrait Of A Serial KillerWie häßlich ist der Tod

Neu im Kino: Portrait Of A Serial Killer

Wie häßlich der Tod ist

Geschichten trösten und geben Sicherheit — auch wenn sie noch so pessimistisch, zynisch oder gewalttätig erzählt werden. Die Spannungsbögen, die Helden, die Konventionen vom Kampf des Guten gegen das Böse mit einem Anfang und einem Ende sind uns vertraut. So wird die Angstlust im Zaume gehalten — bei Märchen, Thrillern, Splattermovies. Das Erschreckende an „Henry — Portrait Of A Serial Killer“ ist nicht die Gewalt, sondern die Art, wie Regisseur John McNaughton den Trost einer Geschichte verweigert.

Stattdessen zeichnet er tatsächlich das Portrait eines Serienkillers (lose angelehnt an die Geständnisse des Massenmörders Henry Lee Lucas, der in Texas auf seine Hinrichtung wartet). Der Film ist nichts weiter als eine Montage von alltäglichen Szenen aus dem Leben von Henry. Ebenso beiläufig wie die Gespräche beim Bier am Küchentisch wird gezeigt, wie er Menschen tötet - scheinbar ohne jedes Motiv, zufällig und leidenschaftslos.

Diese Banalität der Gewalt inszeniert McNaugthon nie spekulativ, sondern distanziert und indirekt. Mit den gängigen Effekten der Slasher-Filme hat dieser Film nichts gemein. Sein Horror besteht darin, daß McNaughton uns ohne beruhigende Erklärungen oder Lösungen mit Henry alleine läßt. So wird man fast gezwungen, genau hinzusehen, sich seinen eigenen Reim zu machen — und dann bemerkt man schnell, wie raffiniert konstruiert die scheinbar so kunstlos improvisierten Szenen tatsächlich sind.

Henry ist nicht das personifizierte Böse — das wäre nur wieder einer der einfachen Auswege des Genres. Statt dessen spielt ihn Michael Rooker mit eine lässigen Intensität, zugleich erschreckend und anziehend. Auch deshalb ist Henry einer der wenigen wirklich radikalen Filme der letzten Jahre. Und McNaughton hat recht wenn er sagt: „Ich glaube, Henry macht Abgestumpfte wieder empfindlich. Der Film zeigt Killer bei der Arbeit. Er macht klar, wie häßlich der Tod ist.“ Wilfried Hippen

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen