: Nepals kämpferischer Regierungschef
Wurde am Freitag zum Regierungschef der Republik Nepal gewählt: Pushpa Kamal Dahal. Der 53jährige Maoistenchef zeigt sich häufig im weißen Anzug und mit Sonnenbrille Foto: ap
Mit seiner gestrigen Wahl zum ersten Premier Nepals ist Pushpa Kamal Dahal, 53, etwas Einmaliges gelungen: Er ist der erste kommunistische Rebellenführer, der nach bewaffnetem Kampf in einer demokratischen Abstimmung zum Regierungsschef seines Landes gewählt wurde.
Noch vor wenigen Jahren lebte „Prachanda“ (der Kämpferische), wie ihn seine Anhänger nennen, im Untergrund. Seine 10.000 Mann starke Maoistenarmee lieferte sich seit 1996 heftige Gefechte mit Nepals königstreuen Regierungstruppen. Dabei eroberten die Maoisten weite Teile des Landes und begannen, einen Staat nach dem Vorbild Maos aufzubauen.
2006 gab Prachanda den Guerillakrieg auf und ging eine Allianz mit den übrigen großen Parteien ein. Zuvor hatten Proteste in der Hauptstadt Kathmandu den absoluten Herrscher, König Gyanendra, gezwungen, wieder eine demokratische Regierung zuzulassen. Im April 2008 wurden die Wahlen zur ersten Verfassungsgebenden Versammlung abgehalten: Prachandas Maoisten errangen mehr als ein Drittel der Sitze. Im Mai wurde die Republik Nepal ausgerufen, der unbeliebte Monarch musste seinen Palast räumen. Rebellenchef Prachanda hatte sich mit seiner Kernforderung durchgesetzt. Zugleich machte der Revolutionär politische Zugeständnisse: Er bekannte sich zu Presse- und Meinungsfreiheit und zum Mehrparteiensystem. Von seiner Maximalforderung, Nepal in einen kommunistischen Staat zu verwandeln, ließ er ab. Für viele Nepalesen ist er auch deswegen ein Held.
Doch der Agrarökonom Dahal steht auch in der Kritik. Als er 1996 seinen bewaffneten Kampf aufnahm, war nach 30 Jahren absoluter Monarchie eine gewählte Regierung an der Macht. Der Wandel hin zu einem demokratischen Staat hatte begonnen. Dennoch griffen die Maoisten zu den Waffen: Die Regierung habe einem 40-Punkte-Katalog mit Forderungen der Maoisten „keine Aufmerksamkeit“ geschenkt.
Die Maoisten finanzierten sich durch Erpressung und zwangsrekrutierten viele ihrer Kämpfer. Politische Gegner wurden ermordet. Prachandas Waffengang kostete geschätzt 13.000 Menschen das Leben. Intern duldete Prachanda keine Kritik. 2005 überwarf er sich mit seinem Mitstreiter, dem ideologischen Vordenker Baburam Bhattarai, und schloss ihn aus der Partei aus. Später versöhnten sich die Männer.
Doch der Eindruck eines Mannes mit dem absoluten Willen zur Macht blieb an dem Rebellenanführer haften. Für die bevorstehenden, schwierigen Einigungen mit den übrigen Parteien beim Entwurf der ersten demokratischen Verfassung ist das eine schlechte Voraussetzung. SASCHA ZASTIRAL