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Nepals König gibt nach

■ Mehrparteiensystem wird eingeführt / Kommission zu Verfassungsänderungen gebildet / Werden jetzt die ökonomischen Probleme des Landes gelöst? / Opposition nach wie vor skeptisch

Katmandu (adn) - Auf den Straßen der nepalesischen Hauptstadt Katmandu jubelten am späten Sonntagabend die Menschen. Aus dem Königspalast verlautete über Rundfunk und Fernsehen, daß aus der Verfassung das Wort „parteilos“ als Beschreibung der politischen Struktur des Himalaja -Königreichs gestrichen wird. Nach drei Jahrzehnten des strikten Verbots sind politische Parteien wie der Nepalesische Nationalkongreß wieder zugelassen. Zugleich wird eine Kommission die detaillierten Verfassugnsänderungen ausarbeiten.

Nach mehr als sieben Wochen eines beispielhaften Massenprotestes, geleitet von dem im Untergrund wirkenden Nationalkongreß und der bis jetzt ebenfalls verbotenen, kommunistisch geführten Vereinigten Linksfront, konnte die Demokratiebewegung einen ersten Erfolg verbuchen. Dem seit Jahrhunderten autokratisch regierten Land - nur Ende der fünfziger Jahre waren kurzzeitig politische Parteien zugelassen - soll jetzt mehr Demokratie zuteil werden. Erstmals zeichnen sich auch demokratische Machtstrukturen, die nun offenbar auch König Birendra als passend für sein Land ansieht, für Nepal ab.

Die Opposition reagierte sofort und empfahl die Einstellung aller Protestaktionen. Der Sprecher des Nationalkongresses, Chakra Bastala, sagte allerdings, daß die Streichung des Wortes „parteilos“ aus der Verfassung nicht genüge. Der Beginn des Dialogs zwischen dem König und der Demokratiebewegung sei zu begrüßen. „Wir hoffen, daß dieser Dialog eine positive Richtung nehmen und schließlich zu einer Mehrparteiendemokratie in Nepal führen wird. Das allein liegt im Interesse der Nation.“

Die jüngsten Entwicklungen eröffnen vor allem die Chance, die brennenden sozial-ökonomischen Probleme des 17-Millionen -Staates anzugehen. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, mehr als 75 Prozent sind Analphabeten. Etwa 70 Prozent des kultivierten Bodens gehört feudalen Großgrundbesitzern.

Der amtierende Präsident des Nationalkongresses, K.P.Phattarai, sagte in einem Fernsehinterview realistisch, daß auch unter dem jetzt zugelassenen Mehrparteiensystem die „ökonomischen und die aus dem unkontrollierten Bevölkkerungswachstum entstehenden Probleme nicht über Nacht“ zu lösen sind. Im übrigen trete seine Partei auch im Hinblick auf die kommenden schweren Aufgaben dafür ein, daß der Monarch entsprechend der Verfassung „Sammelpunkt“ für die verschiedenen ethnischen Gruppen Nepals bleibt.

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