piwik no script img

Neonazis in BraunschweigGericht genehmigt Aufmarsch

Rechtsextreme dürfen am Samstag in Braunschweig demonstrieren. Die Stadt hatte versucht, dies zu verhindern. Gleichzeitig findet ein Fest zur Völkerverständigung statt.

Nazi-Demo in Halle am 1. Mai. Bild: dpa

LÜNEBURG dpa | Die Polizei in Braunschweig bereitet sich auf einen Großeinsatz am Wochenende vor: Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat am Mittwoch in einem Eilverfahren entschieden, dass eine Demonstration von Rechtsextremen am kommenden Samstag in Braunschweig stattfinden darf.

Die Stadt hatte erfolglos versucht, dies zu verhindern. Weitere juristische Möglichkeiten hat sie nun nicht mehr, weil das Lüneburger Gericht eine Beschwerde gegen die Entscheidung nicht zuließ. Die Polizei rechnet mit bis zu 1.000 Rechtsextremisten und bis zu 7.000 Gegendemonstranten. Die Beamten wollen mit mehreren tausend Mann im Einsatz sein.

Die Rechtsextremen dürfen allerdings nicht durch die Stadt ziehen, sondern nur am Hauptbahnhof von 12 bis 15 Uhr demonstrieren. Der geplante Zug durch die Innenstadt sei zu Recht von der Stadt Braunschweig verboten worden, entschied das Gericht. Zeitgleich gibt es in Braunschweig ein traditionelles, multikulturelles Bürgerfest. Dies habe zwar Vorrang vor der rechten Kundgebung, rechtfertige jedoch kein Totalverbot der Versammlung, entschieden die Richter in Lüneburg.

Der Sprecher der Polizeidirektion Braunschweig, Thomas Geese, sagte nach der Entscheidung: "Wir begrüßen, dass es nicht zu einem Zug der Rechtsextremen durch die Stadt kommt. Diese stationäre Kundgebung ist aus polizeilicher Sicht wesentlich leichter beherrschbar." Es gelte dabei auch, rechte Demonstranten vom breiten Spektrum der erwarteten Gegendemonstranten zu trennen. Der 11. Senat des OVG in Lüneburg war mit seiner Entscheidung ausdrücklich der polizeilichen Einschätzung der Gefahrenlage in Braunschweig gefolgt.

Parallel zu der Demonstration wird in Braunschweig das traditionelle Bürgerfest "Braunschweig International" gefeiert, das zu einem friedlichen Miteinander der Nationalitäten aufruft.

Die Rechten wollen unter dem Motto "Ein Signal gegen Überfremdung - Gemeinsam für eine deutsche Zukunft" demonstrieren. Schon die Ankündigung einer Versammlung mit einem fremdenfeindlichen Motto genau an diesem Tag stelle eine massive Provokation dar, begründete die Stadt ihren Versuch, die Demo zu verhindern.

Zudem würde die ursprünglich geplante Zwischenkundgebung der Rechten auf dem Schlossplatz, der 1931 Schauplatz eines SA-Aufmarsches mit mehr als 100.000 Teilnehmern war, traumatische Erinnerungen an die Schrecken der Nazi-Diktatur wachrufen. Auch an einer Gedenkstätte für Opfer des Naziregimes hatten die Rechten vorbeiziehen wollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • DS
    Der Sizilianer

    @ Schlummi:

     

    Nazis haben sicherlich ein Recht auf ihre eigene Meinung. Schade nur, dass jede von Nazis organisierte Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit zur Hetze gegen Andersdenkende, zur Aufforderung zu Gewalttaten gegen „Nicht-Arische“, zur Ablehnung von Demokratie und Menschenrechten, zur Verherrlichung des Nationalsozialismus usw. verkommt. Ausnahmslos.

     

    Liegt wohl einfach an dem zugrundeliegenden Weltbild, das sich mit Humanismus, Demokratie, Individualismus, Liberalität und Menschenrechten einfach nicht unter einen Hut bringen lässt.

     

    Das alles ist selbstverständlich kein bisschen legitim und wenn „Mein Name“ hier auf einem prinzipiellen Notwehrrecht der Bürgerinnen und Bürger wie der Demokratie insgesamt beharrt, so hat er meines Erachtens vollkommen recht.

     

    „Dies anzuzweifeln, würde bedeuten, dass Sie sich das Recht anmaßen, selbst darüber zu entscheiden, was verfassungsgemäß ist und was nicht, was „Nazi“ ist und was nicht.“

     

    Ich bekenne: Ich zweifele an. Und in der Tat maße ich mir sogar das Recht an, anzuzweifeln. Ich maße mir das Recht an, eine Meinung darüber zu bilden, was verfassungsgemäß ist und was nicht und was Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten sind. Nennt sich politische Meinungsbildung und Meinungsfreiheit. Ist eine basale Notwendigkeit – sogar Pflicht - in jeder Demokratie.

     

    „Diese Entscheidung obliegt in unserem Rechtsstaat allein den Gerichten - bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht.“

    Falsch. Diese Entscheidung obliegt z. B. auch der Legislative – weil diese die Verfassung ändern kann. Und nicht zuletzt obliegt diese Entscheidung (unter anderem deshalb) – wie letztendlich jede Entscheidung in einer Demokratie – in letzter Instanz dem Souverän. Dazu zählen auch Sie und ich. Und ich z. B. würde mir durchaus zugestehen, prinzipiell auch einmal eine andere Einschätzung haben zu dürfen als das BVerfG. In meinem Verständnis von Demokratie ist das jedenfalls möglich. Ich bin da nicht so autoritätshörig.

     

    „Bei manchen Linken hat man das Gefühl, sie halten alles für "Nazi", was rechts der Union ist.“

    Gefühle können täuschen. Es gibt durchaus auch extrem Rechte, die sind keine überzeugten Nationalsozialisten, sondern autoritätshörige, deutschnationale Staatsfetischistinnen und –fetischisten (z. B. „Junge Freiheit“), sozialdarwinistische Menschenverächter aus der gesellschaftlichen „Elite“ (z. B. Sarrazin), Fans von Monarchie und einer Wiederauferstehung Preußens usw. usf.

    Alles keine Nazis. Ich weiß nur nicht, ob das unbedingt soviel besser ist – oder nicht manchmal sogar gefährlicher für die Demokratie als die Nazis?

     

    „Wer politisch Andersdenkenden die Ausübung von Grundrechten verwehrt, ist selbst ein Faschist.“

    Also ist jede Person, die beispielsweise ein Verbot der NPD fordert, eine Faschistin / ein Faschist?

    Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat – die alle drei 2001 jeweils Verbotsanträge beim BVerfG gegen die NPD gestellt haben – alles Faschisten und Faschistinnen?

    Ich bitte Sie, sich doch noch mal genauer zu informieren, was Faschismus überhaupt ist, bevor Sie mit dieser Bezeichnung andere Leute angreifen.

     

    „Es ist erbärmlich, die eigene Intoleranz als "Zivilcourage" zu verkaufen“

    Erbärmlich ist es doch vor allem, entschiedene Gegnerinnen und Gegner des Nationalsozialismus als `Anti-Demokratinnen und –demokraten´ zu verunglimpfen.

  • S
    Schlummi

    Sehr geehrter "Mein Name",

    Ihr Verweis auf das Widerstandsrecht in unserer Verfassung ist in diesem Zusammenhang völlig unsinnig.

     

    Eine genehmigte Versammlung einer politischen Gruppe, egal ob Demonstration oder Zusammenkunft, steht ja gerade unter dem S c h u t z unseres Grundgesetzes.

     

    Dabei ist es völlig unerheblich, ob "Linke" oder „Rechte“ demonstrieren, ob die Demo "für" oder "gegen" etwas gerichtet ist.

     

    Dies anzuzweifeln, würde bedeuten, dass Sie sich das Recht anmaßen, selbst darüber zu entscheiden, was verfassungsgemäß ist und was nicht, was "Nazi" ist und was nicht.

     

    Diese Entscheidung obliegt in unserem Rechtsstaat allein den Gerichten - bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht.

     

    Bei manchen Linken hat man das Gefühl, sie halten alles für "Nazi", was rechts der Union ist.

     

    Das ist genauso unsinnig, als würde man alles links der SPD als "Kommunismus" bezeichnen.

     

    Wer politisch Andersdenkenden die Ausübung von Grundrechten verwehrt, ist selbst ein Faschist.

     

    Hat nicht Kurt Schumacher von "rotlackierten Faschisten" gesprochen ?

     

    Es ist erbärmlich, die eigene Intoleranz als "Zivilcourage" zu verkaufen.

  • H
    HollA

    @Mein Name: Räusper, räusper...das Grundgesetz, Sie wissen schon, erlaubt durchaus auch, was Ihnen nicht passt. Möchten auch Sie, wie die taz, eine andere Rechtsordnung, einen anderen Staat?

  • S
    Schlummi

    Lieber "Mein Name",

    Ihr Verweis auf das Widerstandsrecht in unserer Verfassung ist in diesem Zusammenhang völlig unsinnig.

     

    Eine genehmigte Versammlung einer politischen Gruppe, egal ob Demonstration oder Zusammenkunft, steht ja gerade unter dem S c h u t z unseres Grundgesetzes.

     

    Dabei ist es völlig unerheblich, ob "Rechte" oder "Linke" demonstrieren, ob die Demo "für" oder "gegen" etwas gerichtet ist.

     

    Dies anzuzweifeln, würde bedeuten, daß Sie sich das Recht anmaßen, selbst darüber zu entscheiden, was verfasungsgemäß ist und was nicht, was "Nazi" ist und was nicht.

     

    Diese Entscheidung obliegt in unserem Rechtsstaat allein den Gerichten - bis hinauf zum Bundesverfassungsgericht.

     

    Bei manchen Linken hat man das Gefühl, sie halten alles für "Nazi", was rechts der Union ist.

     

    Das ist genauso unsinnig, als würde man alles links der SPD als "Kommunismus" bezeichnen.

     

    Wer politisch Andersdenkenden die Ausübung von Grundrechten verwehrt, ist selbst ein Faschist.

     

    Hat nicht Kurt Schumacher von "rotlackierten Faschisten" gesprochen ?

     

    Es ist erbärmlich, die eigene Intoleranz als "Zivilcourage" zu verkaufen.

  • MN
    Mein Name

    "Unsere Verfassung sieht es nicht vor, dass sich eine politische Gruppe das Recht anmaßt, die genehmigte Veranstaltung einer anderen politischen Gruppe zu stören oder zu verhindern, auch wenn man diese noch so sehr ablehnt."

     

    Doch, genau dieses Recht sieht die Verfassung vor. Vielleicht mal den Art. 20, Absatz 4 zu Gemüte führen, in Kombination mit Art. 9, Absatz 2.

    Da sind jetzt eigentlich nicht mehr so viele Fragen offen.

     

    Und in noch einem Punkt muss widersprochen werden:

    Es ist sehr wohl jeder, der sich um die "überfremdung seines landes" sorgen macht ein verfluchter nazi. Wenn es in der eigenen beurteilung von menschen einen unterschied macht, wo diese herkommen, wo sie zufälligerweise geboren sind, dann weiß ich nicht, was das anderes als rassiusmus sein soll.

     

    Weiterhin zeugt es auch von keinem allzu großen horizont, eine demonstration für die rechte von homosexuellen mit einer nazi-demo gleichzusetzen. Erstere wollen mehr rechte/anerkennung für sich, letztere wollen weniger rechte für andere. Es ist schon ein echtes trauerspiel, dass man euch ekelhaften deutschen eure eigene geschichte immer wieder vorkauen muss - und ihr sie trotzdem bereitwillig verharmlost und vergesst.

  • S
    Schlummi

    Meinungsfreiheit, Demonstrations- und Versammlungsrecht gelten für alle Bürger gleichermaßen, ob nun linke Gesinnung, rechte oder dazwischen.

     

    Warum benutzt die taz bei Linken immer den Begriff "Demonstration", bei Rechten grundsätzlich den bewusst tendenziösen Begriff "Aufmarsch".

     

    Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen, sollte zur Selbstverständlichkeit journalistischer Ethik gehören.

     

    Nicht jeder Bürger, der die Islamisierung und Überfremdung Deutschlands mit Sorge sieht, ist ein "Rechtsextremist" oder ein "Nazi".

     

    Und was soll das ?

    "Es gelte dabei auch, rechte Demonstranten vom breiten Spektrum der erwarteten Gegendemonstranten zu trennen"

     

    Unsere Verfassung sieht es nicht vor, dass sich eine politische Gruppe das Recht anmaßt, die genehmigte Veranstaltung einer anderen politischen Gruppe zu stören oder zu verhindern, auch wenn man diese noch so sehr ablehnt.

     

    Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Linke mit einer eigenen Veranstaltung gegen die der Rechten demonstrieren, aber bitte getrennt.

     

    Es gar nicht so lange her, da las ich in der TAZ einen Bericht über eine geplante Homosexuellen-Demo in irgendeiner baltischen Hauptstadt. Rechte Gruppen waren wohl dagegen und wollten dies verhindern.

    Die TAZ zitierte damals einen der Veranstalter in etwa so (aus meiner Erinnerung): "es die Aufgabe der Polizei, diese rechtmäßige Demonstration zu schützen und die ungestörte Durchführung zu gewährleisten".

    Richtig so, auch wenn die Mehrheit anderer Meinung sein sollte, hat jeder das Recht zu demonstrieren, auch eine unerwünschte Minderheit.

  • R
    R.S.

    Der Aufmarsch ruft Erinnerungen an die 100.000 SA Leute hervor? Also wenn sich maximal 1.000! Leutchen versammeln ist das für mich irgendwie was anderes als eine "Massenkundgebung" wo sechsstellig Fackelläufe sind.

     

    Mal davon abgesehen - wer bitte hat den "traumatische Erinnerungen die wachwerden" bei einem Aufmarsch der 1931 stattfand??? Man sollte ungefähr 10 gewesen sein um das zu verstehen, die wären jetzt also ... etwa um die 90, und vielleicht noch eine Handvoll...

    Ich wußte nicht das da ein Aufmarsch war.

  • E
    emil

    ein klassisches phänomen: gehts mir nicht so dicke muss ich einfach jemanden finden, der dafür gerade steht. ob das gerechtfertigt ist, ist nicht so wichtig.

     

    und das, wo in den nächsten jahren, wie auch jetzt schon, geschultes personal fehlt und eine solide einwanderungspolitik nötig ist um den bedarf zu decken.

     

    diese deutschen arbeitsplätze die immer in gefahr sind nicht von anderen menschen bedroht, sondern von der entwicklung des arbeitsmarktes an sich.

    es werden immer weniger niedrig qualifizierte benötigt.

     

    ob das nun mit diesen ewiggestrigen korreliert? wer weiß, wer weiß?

     

    na jedenfalls ist es doch menschlich nachvollziehbar, dass mal jemand auf die mütze kriegen soll, weils eben nicht so läuft. zu rechtfertigen ist es allerdings kein bisschen, außer wir schalten mal kurz unsere rationalität ab.

    aber dann sollten wir auch schleunigst alle hexen verbrennen, die unser deutsches gemüse mit ehex vergiftet haben.

  • W
    Walla

    Die Neonazigruppen sind nicht verboten. Also dürfen sie in diesem Rechtsstaat, der es immer noch ist, auch demonstrieren. Außerdem ist nicht sofort 'Nazi', wer sagt es seien genug Fremde im Lande. Dies sagt nur, die Anzahl reicht; es sagt nichts aus, wie man den im Lande befindlichen Fremden begegnet.Deshalb ist man ja nicht sofort gegen "Völkerverständigung", "Ausländer"usw. Das ist zu billig.

  • K
    Kai

    Zur Ergänzung: Inzwischen haben die Rechtsradikalen gegen das Verbot, durch die Stadt zu marschieren, Einspruch erhoben. Vielleicht sollten wir sie gehen lassen - Es gibt da doch diese schöne Großbaustelle am Autobahndreieck Braunschweig-Südwest. Wär doch ideal, von wegen Autobahnen und viel viel Dreck sowieso...

  • V
    vic

    Neonazis in Braunschweig, wie passend.

    Der Name ist Programm.

  • D
    Demokrat

    Alles andere wäre mit unserem Rechtsstaat auch nicht zu vereinbaren gewesen. Wo kommen wir denn da hin wenn politisch nicht gewollte Demonstrationen einfach so verbietet? Das geht vielleicht in China oder Belarus, aber in Deutschland darf sowas nicht passieren!