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Neonaziaufmarsch in LichtenbergRechte müssen sich kurz fassen

Nazi-Gegner blockieren den Aufmarsch der Rechtsextremen in Lichtenberg. Die Polizei kürzt daraufhin die Route ab. Demonstranten kritisieren die Einsatzkräfte, weil sie die Protestveranstaltung abriegeln.

Mehrere Dutzend Gegendemontranten gelingt eine Blockade auf der Strecke der Nazis. Bild: RTR

Nazis und ihre Gegner

Am Samstag zogen zirka 650 Rechtsextreme durch Lichtenberg. Am Startpunkt S-Bahnhof Karlshorst versammelten sich auch die Nazi-Gegner. Sie blockierten mehrfach die Route. Die ursprünglich zeitgleich zum Nazi-Aufmarsch geplante Gegendemo hatte das Verwaltungsgericht allerdings untersagt. Um Konfrontationen mit den Rechten zu unterbinden, wurde der Beginn der offiziellen Protest-Veranstaltung auf 15 Uhr verschoben. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich daran etwa 500 Nazi-Gegner, die Polizei sprach von 250 Teilnehmern. DDP/TAZ

Bürger und Politiker, Gewerkschafter, Jusos und Linksautonome aus ganz Berlin haben am Samstag mehrmals den Naziaufmarsch durch Lichtenberg blockiert. Die laut Polizei etwa 650 Rechtsextremen mussten einen wesentlich kürzeren Weg gehen als ursprünglich geplant. Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linkspartei) nannte es "einen vollen Erfolg", dass die Nazis am Ende nicht durch den als Rechten-Hochburg bekannten Weitlingkiez marschieren konnten. Auch die Bezirksbürgermeisterin beteiligte sich an den Blockaden, Polizisten trugen sie von der Straße und stellten ihre Personalien fest.

Man habe insgesamt 70 Gegendemonstranten und sechs Rechte festgenommen, berichtete die Polizei, die mit 1.600 Beamten vor Ort war. Vielen Gegendemonstranten kam dieses Polizeiaufgebot übertrieben vor. Vor allem das Konzept der Polizei, die genehmigte Nazi-Demonstration so weit als möglich vor Störungen zu schützen und von den Gegendemonstranten zu trennen, stieß auf Kritik. Zumal die Einsatzkräfte am Morgen vielen Demonstranten den Zugang zur Gegenveranstaltung "Ein Kessel Buntes gegen braune Brühe" im Kulturhaus Karlshorst verwehrt hatten.

Dort, direkt gegenüber des Nazi-Treffpunkts am S-Bahnhof Karlshorst, waren rund 700 Menschen zusammen gekommen. Viele standen auf dem Bürgersteig, riefen "Nazis raus" zur anderen Straßenseite hinüber - umstellt von einem Polizeikordon, der zeitweise auch Anwohner stoppte, die einkaufen oder nach Hause gehen wollten.

Die Absperrung behinderte auch den Linke-Abgeordneten Udo Wolf. Erst nach Diskussionen mit den Einsatzkräften wurde Wolf ins Kulturhaus gelassen. Der Politiker zeigte sich empört: "So werden viele kleine Eskalationsherde geschaffen." Ähnlich argumentierte Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linke), die - wie viele andere Politiker - ebenfalls im Kulturhaus war. Die Polizei "behindert die Leute in ihrem Recht auf Protest", sagte sie der taz.

Auch viele Bürger hatten kein Verständnis für das Vorgehen der Polizei. Marina Haake vom Zimmertheater Karlshorst erklärte: "Das ist keine Demokratie: Die Nazis dürfen laufen und die Gegendemo wird verboten." Und eine Frau schimpfte: "Es ist eine große Unverschämtheit, dass überhaupt Nazis durch die Stadt marschieren dürfen. Sie durch den Weitlingkiez zu schicken, ist destruktiv."

Die Anwohner zeigten sich aber auch erleichtert. Dass so viele Menschen gekommen seien, stimme sie froh, sagte etwa Ljuba Kirjuchina. Der Protest bedeutet ihr viel. "Auf meinem täglichen Weg zum S-Bahnhof Karlshorst komme ich an drei Stolpersteinen vorbei und gedenke der Menschen, die von Nazis umgebracht wurden."

Von den Demonstranten, die nicht zum Kulturhaus durchgelassen wurden, strömten viele - überwiegend schwarz gekleidete Jugendliche - in die Seitenstraßen und versammelten sich an der Ecke Sewan-/Ontarioseestraße auf der Fahrbahn. Der gegen halb eins mit neunzigminütiger Verspätung gestartete Nazizug musste deshalb schon früh stoppen. Bei der Räumung der Blockade gab es Applaus für eine ältere weißhaarige Frau, die sich von zwei Beamten wegtragen ließ.

Obwohl einzelne Gegendemonstranten Flaschen warfen und die Rechten versuchten auszubrechen, gelang es der Polizei - nach mehr als einer Stunde - die Demonstration durchzuleiten. Wasserwerfer wurden eingesetzt, ein umgestürztes Auto und Glascontainer von der Straße geräumt.

Doch schon einen halben Kilometer weiter, an der Kreuzung Volkradstraße, hatte sich die nächste größere Blockade gebildet. "Wenn Nazis demonstrieren, ist Widerstand Pflicht" skandierten mehr als 600 Antifas, Gewerkschafter und Politiker zu Sambarhythmen und Seifenblasen. Die Polizei drohte wieder mit Wasserwerfern, eine Hundertschaft vertrieb die Protestierenden von der Straße.

Ihr Ziel, die Nazis vom gegen sein rechtes Image kämpfenden Weitlingkiez fern zu halten, haben die Gegendemonstranten trotzdem erreicht: Die Polizei leitete den Zug der Rechten über die Volkradstraße zum Endpunkt Friedrichsfelde Ost. Ein Anwohner in der Weitlingstraße nahm das zufrieden zur Kenntnis: "Dann muss ich mein Auto nicht umparken."

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1 Kommentar

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  • TK
    Thomas Kanzow

    Unfähigkeit?

    Es wäre doch möglich gewesen, den Nazi Aufmarsch unter Verweis auf die zu erwarteten Zusammenstöße mit Gegendemonstranten zu verbieten, oder? Die bessere Alternative. Anstatt Sitzblockaden mit überzogener Härte aufzulösen. Kein gutes Zeichen für eine "Demokratie".