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Neonazi-Aufmärsche in BerlinDa sind sie aber immer noch

2013 sorgten rassistische Demos gegen ein Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf für Gegenproteste. Nun machen Neonazis in Marzahn und Köpenick Stimmung.

Es gab in Köpenick auch andere Stimmen Bild: dpa

BERLIN dpa | Mit Sorge sehen Senat, Opposition und Polizei in Berlin das Wiedererstarken rechtsextremistisch gesteuerter Demonstrationen gegen Asylbewerber in den Berliner Stadtteilen Marzahn und Köpenick. Etwa 400 Menschen haben am Samstagnachmittag im Salvador-Allende-Viertel in Berlin-Köpenick gegen eine geplante Container-Siedlung für Flüchtlinge protestiert.

Zu den Demonstranten gehörten nach Medienberichten neben Anwohnern auch der Berliner Landeschef der rechtsextremen NPD, Sebastian Schmidtke, und der ehemalige Parteichef Udo Voigt. Zu einer Gegenveranstaltung kamen nach Polizeiangaben etwa 180 Menschen. Beide Veranstaltungen verliefen weitgehend friedlich. Zwei Polizisten wurden leicht verletzt.

Für Montag sind erneut Kundgebungen gegen geplante Wohncontainer für Flüchtlinge mit mehreren hundert Teilnehmern angekündigt. Samstag in einer Woche (22. November) soll eine bundesweite Demonstration gegen angeblichen „Asylmissbrauch“ aufmarschieren. Beteiligt an dem Aufruf ist auch die „Bürgerbewegung Marzahn“. Die „Bürgerbewegung Marzahn“ wirbt auf Facebook mit den Deutschlandfarben und dem Motto „Gemeinsam gegen Asylmissbrauch“. Sie behauptet, sie sei parteilos und weist Vorwürfe wegen „Naziaufmärschen“ zurück.

Ihre Parolen gegen „Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten“ und für das eigene Volk nähern sich aber dem rechten Rand. Auf Videos im Internet sind Sprechchöre „Wir wollen keine - Asylantenheime“ und auch Parolen gegen „Asylantenschweine“ zu hören. Im Internet äußern sich zu dem Aufrufen immer wieder Menschen mit islamfeindlichen und fremdenfeindlichen Bemerkungen.

Gegendemonstrationen geplant

Zu allen Demonstrationen der Rechtspopulisten sind linke Gegendemonstrationen geplant. Auch der Verein „Hellersdorf hilft“, der sich für Flüchtlinge einsetzt, will aktiv werden.

Bereits am vergangenen Montag hatten bis zu 500 Menschen demonstriert. „Überraschend groß“ sei der Protest gewesen, hieß es bei den Sicherheitsbehörden. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) hatten sich bereits in den vergangenen Tagen gegen Versuche rechtspopulistischer und rechtsextremer Gruppen gewandt, angesichts der steigenden Zahl von Flüchtlingen Angst zu schüren.

Die Extremismus-Expertin der Grünen, Clara Herrmann, sprach von einer rechtsextremen Kampagne und einem Kern Rechtsextremer, der alles initiiere und anmelde. Der Senat sah das kürzlich in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage genauso.

Der Verfassungsschutz hatte schon im vergangenen Jahr festgestellt, dass zum Teil Neonazis die Hintermänner der Bewegungen seien und diese steuern. Auch die NPD will so die Proteste und Befürchtungen der Bevölkerung für ihre Zwecke nutzen. Bereits im Sommer 2013 hatten Rechtsextremisten die Proteste gegen ein Flüchtlingsheim in Hellersdorf vorangetrieben.

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10 Kommentare

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  • Unsere Politiker haben einen enormen Anteil daran, dass der Rechtsextremismus in 2014 im Vergleich zu 2013 in unserem Land zurückgegangen ist.

     

    Die Wahlkampagnen der politischen Parteien haben für viel Toleranz in der Bevölkerung beigetragen:

     

    „Nazi Aufmärsche stoppen“,

     

    „Berlin währt sich. Kein Platz für Nazis“,

     

    „Nazifrei und Spaß dabei“.

     

    Die meisten Menschen in Deutschland wünschen sich, dass alle politischen Parteien gemeinsam gegen den Rechtsextremismus vorgehen. Genau, wie bei der gemeinsamen Campagene vor der letzten Bundestagswahl:

     

    „Unsere Oma mag Sinti und Roma.“

     

    Die Menschen lesen viel mehr und fangen an nachzudenken, warum nicht allen in unserem Land relativ gleich gut geht.

     

    Das sind nicht die Flüchtlinge, die für die soziale Ungerechtigkeit ursächlich sind. Der Kapitalismus führt zur sozialen Verdrängung bzw. Diskriminierung. Und viele Großkonzerne, Lobbies und Unternehmensverbände tragen dazu bei, indem die auf unsere Politiker einen sehr starken Druck ausüben.

     

    Argumentierend mit Arbeitsplätzen fordern sie mehr Subventionen, Investitionen, Steuererleichterungen und Befreiungen von der Steuerpflicht. Dabei geht es denen fast ausschließlich um die Gewinnmaximierung.

     

    Der Wohlstand in der gesamten Bevölkerung ist aber nur mit der Sozialen Marktwirtschaft vereinbar. Und nicht mit dem Kapitalismus oder alleinigem Shareholder Value.

  • Was wollt ihr eigentlich? Auf dem Bild oben wird doch eine FÜR das Heim kämpfende Frau zu sehen. Und die dürfte ja wohl die Mehrheit vertreten. Und wenn sich dann sogar noch der ehem. FDJ-Chef dafür einsetzt ist doch alles kein Problem.

  • Immer wieder wird versucht die Xenophobie in den Mantel von - mehr oder weniger - redlichen Zielen zu kleiden. Als ginge es bei der Hogesa-Demos wirklich gegen Salafisten und hier tatsächlich gegen Asylmssbrauch. Vielleicht sollte man den Demonstranten eine Ausgabe von Pikettys "Das Kapital im 21.Jahrhundert" geben, damit sie ihre Wut endlich einmal in die korrekte Richtung kanalisieren.

    • @Badshah Khan:

      Leider ziehen die Meisten den vordergründig bequemen Weg des Rassismus bzw. der ressentimentgeladenen Panik vor und handeln damit immer wieder gegen ihre wirklichen Interessen. Das neue Überwachungsgerät zu kaufen macht Vielen mehr Spaß, als nachzudenken.

  • Es gibt eine problematische Bürgerinitiative im Wohngebiet, die sich für Flüchtlinge eingesetzt hat, nun aber Petitionen gegen die neue Unterkunft veröffentlicht, weil:

     

    "... gleich nebenan sich zwei KITA und zwei Seniorenheime befinden, ...die schulischen Kapazitäten und die medizinischen Betreuungskapazitäten nicht ausreichen ..." usw.

     

    Die Nazidemo vom Samstag wird auf der Website von Ex-FDJ-Chef Eberhard Aurich, Initiator der Initiative, als "Bürgerdemo" von 1000 Anwohnern mit nur vereinzelt NPD Anhängern dargestellt:

     

    http://www.eaurich.de/Welcome/aktuell.html

  • Kommentar entfernt, bitte halten Sie sich an die Netiquette.
    • @Karl Martell:

      Wer bitte ist die ganz normale Bevölkerung?

    • @Karl Martell:

      Wenn die "ganz normale"(was ist nochmal normal?) Bevölkerung aus angstbeissereischen Gründen partout nicht will, das VOR KRIEG,HUNGER UND GEWALT FLÜCHTENDE Menschen in Deutschland einen sicheren Zufluchtsort bekommt,nachdem wir die halbe Welt mit unseren Wirtschaftsinteressen in Brand gesteckt haben,

      JA, Dann ist die ganz normale Bevölkerung latent rassistisch.

       

      Ich frage mich nur immer wie solche Spinner auf die Idee kommen, sie würden für die ganz "normale" Bevölkerung sprechen,diese ominöse schweigende Mehrheit,von der keiner wirklich weiss,was sie will.

       

      zusätzlicher Spassfakt:"Mit neun Asylanträgen pro 10.000 Einwohner_innen lag Deutschland 2012 auf Platz 10 der EU-Staaten. Auch 2013 belegte Deutschland nicht den Spitzenplatz. Den höchsten Flüchtlingsanteil pro Einwohner hatte 2013 laut EUROSTAT Schweden (5,7 Asylanträge pro Tausend Einwohner), gefolgt von Malta (5,3 Anträge). "(aus: http://www.fluechtlingsrat-mv.de/asyl-ist-ein-menschenrecht/2203/)

      • @pippilotta_viktualia:

        Ganz zu schweigen von Türkei, Jordanien und Libanon, die binnen einiger Monate Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen haben.

    • @Karl Martell:

      Wer ist denn die "ganz normale Bevölkerung"???

      Sie etwa?

      Dann mögen noch viele Zuwanderer kommen!