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Nebensachen aus KairoGesucht: Sündenbock

■ Unmut über die ausländischen Medien in Ägypten

„Hier bin ich – du wolltest mich doch umbringen“, sagte ich zu meinem verdutzten Gegenüber von der Reiseagentur „Blauer Himmel“ in der Kairoer Innenstadt. Das zumindest hatte ich von einer schwedischen Kollegin gehört: ein gewisser Herr dort würde gerne einem deutschen Journalisten den Hals umdrehen. Seine Hauptbeschäftigung war gerade, Stornierungen zu bearbeiten. Fast die Hälfte aller deutschen UrlauberInnen hatten ihre Buchungen in das Land am Nil Ende letzten Jahres zurückgezogen. Meldungen von Überfällen militanter Islamisten auf Touristenbusse hatten sie veranlaßt, das Weihnachtsfest lieber unter dem heimatlichen Tannenbaum zu verbringen. Bei mir zu Hause häuften sich Anrufe von Bekannten mit der besorgten Frage, ob es eigentlich noch sicher sei, nach Ägypten zu reisen.

Haben auch ausländische JournalistInnen mit ihren Berichten über die Anschläge ihr Scherflein zu dieser Stornierungsmisere beigetragen? Davon zumindest sind die meisten ÄgypterInnen überzeugt, die auf die ein oder andere Weise ihren Lebensunterhalt mit dem Urlaub anderer Leute bestreiten. Und das sind nicht wenige. Hotelportiers, Taxifahrer, Basarverkäufer oder Reiseführer – sie alle sehen ihre Felle langsam davonschwimmen. Ein ungemütlicher Gedanke, in ihren Augen plötzlich als Korrespondent „westlicher“ Medien von einem Beobachter zu einem politisch Handelnden zu werden. Womöglich könnte man mich dafür verantwortlich machen, daß so mancher ägyptische Überlebenskämpfer, der seine Nische im Tourismus findet, seine Familie morgen nicht mehr ernähren kann. Die ägyptischen Medien tun das Ihre, in alter Manier andere für den ganzen Schlamassel verantwortlich zu machen. Die Terroristen seien vom Iran oder Sudan gesteuert, und ohne westliche Journalisten wäre das Ganze wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, heißt es. Ihre Berichte über Attacken auf Touristen seien oft sensationell aufbereitet, „überberichtet“ und übertrieben, lautete der Vorwurf. Den Höhepunkt erreichte die Kampagne gegen die ausländische Presse, als die britische Nachrichtenagentur Reuter endgültig zum roten Tuch der ägyptischen Medien avanciert. „Reuters Groll gegen Ägypten und seinen Präsidenten ist offen ausgebrochen“, war in einem der hiesigen Blätter zu lesen.

Doch zurück zu meinem potentiellen Mörder aus der Reiseagentur. Etwas peinlich berührt über seine großen Worte vom Vortag, erwies er sich als völlig friedlich. Schnell waren wir uns einig, daß man auf Berlins Straßen gefährlicher lebt als hier – als Ausländer allemal.

Die Frage bleibt: Wie soll über die Angriffe auf Touristen berichtet werden? Die Antwort liegt wohl irgendwo zwischen dem spontanen „am besten gar nicht“ meines neuen Freundes in der Reisebranche und Sensationsberichten mit dem Titel „Muslime killen Urlauber“.

Der Unmut über westliche Journalisten trägt inzwischen seine ersten Früchte. Als meine schwedische Kollegin unlängst auszog, um über einen Anschlag auf einen Touristenbus auf der Kairoer Pyramidenstraße zu recherchieren, mußte sie schon bald erkennen, daß die übliche Leichtigkeit, mit jedem ins Gespräch zu kommen, deutlich gelitten hat. Ma fish muschkela – alles kein Problem, erklärten ihr die sichtlich unterbeschäftigten Papyrusverkäufer kurz angebunden vor dem nur mäßig besuchten ägyptischen Museum Pharaonischer Kunst. Als der Parkplatzwärter ihr ein rhythmisches „Reuter – Reuter – Reuter“ hinterherrief, machte sie sich frustriert auf den Heimweg. Karim El-Gawhary

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