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■ Nebensachen aus KairoWoche des Verkehrs

„Es reicht“, beschloß die Kairoer Verkehrsverwaltung. Seit letzter Woche schlagen Tausende von Verkehrspolizisten eifrig zurück. Schon jahrelang versuchen sie frustriert und hilflos sämtliche Verkehrsbewegungen der 15-Millionen-Stadt in den Griff zu bekommen. Ein eher hoffnungsloses Unterfangen, wenn das Straßensystem für ursprünglich nicht mehr als zwei Millionen Menschen angelegt ist. Nicht gerade einfacher wird diese Sisyphus-Aufgabe durch die Tatsache, daß die meisten ÄgypterInnen ein gesundes Verhältnis zur Autorität von Polizeiuniformen besitzen.

„Woche des Verkehrs“ heißt die breit angekündigte Operation, mit der zum Generalangriff gegen alle unverbesserlichen Verkehrssünder in der Nilmetropole geblasen wird. Zur Kasse gebeten werden sollen fortan all jene, die nach etabliertem Gewohnheitsrecht beharrlich die Straßen Kairos unsicher machen. Für viele war es nicht so ohne weiteres einsichtig, warum sich neuerdings jemand darüber aufregt, wenn man von der falschen Seite her in die Einbahnstraße einbiegt, in der dritten Reihe parkt oder sich ohne Licht, Auspuff, Nummernschild, Führerschein und anderen in der Verkehrsordnung gebotenen Utensilien auf den Weg zur Arbeit machte.

Schon bald konnte die Verkehrsexekutive mit ersten Erfolgen glänzen: 60.000 ausgehändigte Strafzettel in zwei Tagen und 1.600 abgeschleppte Vehikel nach 24 Stunden. Auch den Fußgängern blies ein schärferer Wind entgegen. Schnell waren im Tatort Innenstadt die ersten 4.000 Knöllchen für unbotmäßige Straßenüberquerung ausgehändigt. Daß das Rot der Ampeln eine tiefere Bedeutung hat als gemeinhin angenommen, traf bei vielen noch auf demütige Einsicht. Mit dem Verbot, diagonal über die Straße zu gehen, schlugen die Freunde und Helfer aber dann doch etwas über die Stränge.

Überhaupt machte sich nach den ersten Tagen ein leichtes Murren breit. Die Staus sind aufgrund der Kontrollen länger geworden, und so mancher zweifelte auch an dem langfristigen Erziehungseffekt der Aktion. „Verkehrsbewußtsein kann nicht in zwei Wochen geschaffen werden. Wir müssen in der Schule, der Familie, im Fernsehen und in Zeitschriften für Kinder und Erwachsene damit beginnen“, heißt es in einem Kommentar in der Regierungszeitung Al-Ahram. Vielleicht, so der Verfasser, ist es dann im nächsten Jahrhundert soweit. Für andere wiederum ist die „Woche des Verkehrs“ nur eine etwas größer angelegte Kampagne, um die Unkosten der Verkehrsüberwachung für das letzte Jahr zu decken.

Khalid Hilmi, einer der verantwortlichen Polizeioffiziere vor dem ägyptischen Nationalmuseum im Zentrum Kairos, kämpft mit seinen Männern seit 6 Uhr morgens standhaft gegen das allgemeine Chaos an. Ihre einzige, aber schier übermenschliche Herausforderung: Sie sollen die Fußgänger davon überzeugen, doch bitte den Zebrastreifen zu benützen und nicht an der Stelle über die Straße zu gehen, wo sich über vier Einfallstraßen die Autoströme auf den Platz ergießen.

Doch die Kämpfer für korrektes Verkehrsverhalten wirken etwas müde. „In den ersten Tagen waren wir sehr strikt“, erklärt Hilmi, „jetzt versuchen wir es mehr mit Höflichkeit.“ – „Wo willst du hin“, fragt etwa einer seiner Untergebenen freundlich einen Mann, der gerade zur Überquerung der Todeskreuzung ansetzt. „Auf die andere Seite natürlich“, antwortet dieser verwundert. Die simple Antwort schien den Polizisten sofort zu überzeugen. Er zündete dem Verkehrssünder eine Zigarette an, worauf dieser unbehelligt weiter seines verbotenen Weges zog. Karim El-Gawhary

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