piwik no script img

■ Nebensachen aus KairoUnd der Herr war zufrieden

Ägypten hat seinen eigenen Robin Hood. Mustafa Hassan Al-Ezaby nahm von den Reichen und gab den Armen. Doch zum Kummer vieler kleiner Leute sitzt der Held inzwischen hinter Gittern. Mehr als 300 Wohnungseinbrüche gehen auf sein Konto. Die Polizei ist ihm am Ende nur durch Zufall auf die Schliche gekommen. Als Universitätsprofessor für Islamisches Recht und mehrfacher Millionär paßte er nicht ganz ins stereotype Bild des Kriminellen. Angefangen hat der „Herr Professor Dieb“ seine Karriere im Gefängnis. Als der Sohn eines algerischen Vaters und einer ägyptischen Mutter Anfang der achtziger Jahre am Kairoer Flughafen ankam, wurde er gleich für mehrere Monate festgesetzt. Er soll der militant islamistischen Al- Gihad nahegestanden haben, die gerade Ägyptens Präsident Sadat ermordet hatte.

Im Knast erhielt der Professor einen Schnellkurs im Türenknacken. Zu seinen Lehrern gehörte die Crème de la crème der Kairoer Unterwelt. Einmal aus dem Gefängnis entlassen, machte er sich frisch ans Werk. Denn er wußte: „Sich des Besitzes der Korrupten und Verdorbenen zu bemächtigen, ist weder halal noch haram.“ Soll heißen: Einbruch und Diebstahl sind nach der Scharia, dem Islamischen Recht, weder erlaubt noch ausdrücklich verboten. Mit seiner Beute soll er die Ausbildung der Kinder seiner Mitgefangenen finanziert und ihren verarmten Familien großzügig unter die Arme gegriffen haben. Auch sich selbst vergaß er nicht: Auf satte 17 Millionen Mark wird sein Vermögen geschätzt.

Er wußte sein Geld gewinnbringend zu investieren. So mietete er eine teure Suite in einem Kairoer Fünf-Sterne-Hotel an, gab sich als reichen Golf-Araber aus und rief einen stadtbekannten Schwarzhändler an; er wolle auf der Stelle 100.000 Dollar tauschen. Der Mann schöpfte keinerlei Verdacht. Schließlich war sein Kunde gut gekleidet, hatte eine große Limousine und sprach in perfektem Golf-Dialekt. Er mußte sich nicht wenig wundern, als sein Klient in einem unachtsamen Moment den Koffer voller Scheinchen griff und sich schnellstens über die Veranda entfernte. Der düpierte Geschäftspartner meldete den Vorfall natürlich nicht der Polizei.

Vor seinen Einbrüchen bat der gläubige Scharia-Dozent Gott in einem ausführlichen Gebet um Vergebung. Der ließ ihn dann auch aus allerhand brenzligen Situationen entwischen. Einmal machte sich der Professor gerade an der Tür eines hohen Polizeioffiziers zu schaffen, als drinnen das Telefon klingelte und prompt beantwortet wurde. Al-Ezaby konnte das Weite suchen, bevor er dem Polizeigeneral gegenüber stand. Ein sicheres Zeichen, daß Gott mit ihm zufrieden war. Sein Tip an die Jugend heute: Klaut nur mit dem richtigen islamischen Bewußtsein und wendet nie Gewalt an. Und auch für die Beklauten hat er einen Ratschlag übrig: Hört um Gottes Willen auf, euren Schmuck durch Anzeigen in den großen Tageszeitungen anzubieten. Karim El-Gawhary

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen