■ Nebensachen aus Johannesburg: Sie will vom Präsidenten doch nur das Beste
Der Mann gab sein Bestes. Täglich zur besten Sendezeit versuchte der Korrespondent des staatlichen südafrikanischen Fernsehens in Washington, seinen Zuschauern zu Hause das Ausmaß der Katastrophe nahezubringen. Mit staatsmännisch- sorgenvoller Miene erklärte er jedem, der es immer noch nicht begriffen hatte, daß das Liebesleben des Präsidenten die Vereinigten Staaten in ein zweites Watergate stürzte.
Es war alles umsonst. Niemand hört mehr auf den Mann, seitdem sich die Südafrikaner mit dem Liebesleben ihrer eigenen Präsidenten befassen. Einer, dem man das nie zugetraut hätte, hat nämlich seit Jahren eine Geliebte. Frederik Willem de Klerk, des Landes letzter weißer Staatschef und Friedensnobelpreisträger, seit fast 40 Jahren mit Marike vereint, hat dem burische Establishment das Grausen gelehrt durch sein Bekenntnis. Dazu gehört viel Mut. Denn in jenen konservativ- calvinistischen Kreisen, in denen Sex vor der Ehe noch immer als Gotteslästerung gilt, haben die offenen Worte des Expräsidenten tatsächlich ein Erdbeben ausgelöst.
FW, wie De Klerk meist kurz genannt wird, liebt seit Jahren eine andere, eine verheiratete, höchst attraktive Dame, die in London lebt. Sie liebt ihn auch. Die Freundschaft der beiden Ehepaare zueinander wurde schmählich ausgenutzt. Nun ist der Klerk nicht mehr Präsident, die Angebetete kein karriereversessenes Collegegirl und Südafrika nicht Amerika, auch wenn es sich oft alle Mühe gibt. Von einer Staatskrise zu sprechen, käme deshalb niemand in den Sinn.
Doch die jüngste Geschichte des Landes wird bereits neu geschrieben. Endlich offenbart sich, warum de Klerk im vergangenen Jahr urplötzlich die Politik verließ. Er mußte mit sich und seinem Leben ins Reine kommen. Und man weiß auch endlich, warum er sich mit Nelson Mandela nicht sonderlich gut versteht. Der wurde nämlich früh von der Affäre unterrichtet und war darüber recht ungehalten, zumal der Gatte der verehrten Dame, ein steinreicher Grieche, dem ANC sehr zugetan ist. Jetzt war doch wohl der demokratische Wandel in Südafrika wichtiger als privates Glück. De Klerk hielt sich daran, wie man weiß.
Sein Nachfolger indessen hat vorgemacht, wie souverän ein Präsident sich öffentlich zu einer Geliebten stellen kann. Graca Machel reist mit Nelson Mandela zu Staatsbesuchen durch die Welt, und niemand würde es wagen, auch nur die Augenbrauen hochzuziehen. Feiner Unterschied: Mandela ist geschieden, Machel verwitwet. Doch selbst Desmond Tutu, das gute Gewissen der Nation, war bisher erfolglos in dem Bemühen, die beiden zu einer vorbildhaften Eheschließung zu bewegen. Die Nation verzeiht in diesem Fall alles und freut sich am jungen Glück ihres verehrten alten Präsidenten. Junges Glück fand übrigens noch einer von Südafrikas ehemaligen Präsidenten. De Klerks Vorgänger, Pieter Willem Botha, wird demnächst eine 35 Jahre jüngere Frau ehelichen. Nach dem Tod seiner Frau Elize im vergangenen Jahr war „das große Krokodil“ senil. Doch die Liebe tut ihm offenbar gut. Zwar war auch hier das Burentum schockiert, denn er kannte die Dame schon lange vor Elize Bothas Tod. Jüngst strahlt der 82jährige aber wieder in bester Gesundheit. Mit einem Auftritt vor der Wahrheitskommission, der an seine besten Zeiten erinnerte, versöhnte er seine unverbesserlichsten Anhänger. Wenn auch sonst niemanden. Kordula Doerfler
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