piwik no script img

■ Nebensachen aus BangkokEin Wunder zu Ehren seiner Majestät

Dieses Jahr ist für Bangkok ein besonders glückliches Jahr. Das haben die ThailänderInnen vor allem dem allseits hoch verehrten König Bhumiphol zu verdanken, der am 5. Dezember 72 Jahre alt wird. Anders als bei uns ist das allerdings keineswegs eine krumme Zahl, sondern ganz besonders bedeutsam: Mit dem 72sten Geburtstag vollenden die thailändischen Buddhisten ihren sechsten 12-Jahreszyklus, der nach dem hiesigen Horoskop nach den 12 Tieren bezeichnet wird, die einst zum Grab des Buddha pilgerten. Die Vorbereitungen für die große Feier sind bereits in vollem Gang. Die dankbaren Bangkoker wollen sogar Wunder vollbringen. Das erstaunlichste der Mirakel: Am Geburtstag seiner Majestät soll die erste Schienenstadtbahn der Acht-Millionen-Metropole in Betrieb gehen. Dann werde ich endlich im „Skytrain“ über die Straßenschluchten dahingleiten und mich nur noch vage an die Stunden erinnern, die ich in den letzten Jahren im Stau verbrachte.

Die Erbauer des Skytrain haben versprochen, dass nichts mehr schiefgehen kann. Für die Sicherheit sei gesorgt, sagen sie. Sie werden Feuerlöscher bereithalten. Vor besonders scharfen Kurven wird der Fahrer den Zug verlangsamen, und falls er das vergisst, tut's ein Autopilot.

Das ist besonders beruhigend, weil erst kürzlich noch ein Beamter aus dem Stadtbauamt bezweifelte, dass der Skytrain die steile Kurve um das „Victorymonument“ schaffen kann. Dabei handelt es sich um einen Obelisken, der mitten im Weg steht. Der Mann sollte froh sein, dass die Schienenkurve überhaupt da ist: Die verschiedenen Abteilungen der Stadt Bangkok und die Ingenieure konnten sich nämlich noch lange nach Baubeginn nicht einigen, wie das Problem umschifft werden sollte. Für die einfachste Lösung, das nationale Denkmal umzusetzen, waren sie nicht mutig genug.

Kompromissfähigkeit und Improvisationsgabe gehören zu den schönsten Gaben der thailändischen Politiker und Beamten. Deshalb brauchen wir uns auch keine Sorgen zu machen, was geschieht, wenn es etwa einmal in den Hochhäusern an der von Touristen und Geschäftsleuten besonders geschätzten Silom-Straße brennt. Dort überdachen an einigen Stellen die Trasse und die Haltestellen die gesamte Fahrbahn inklusive Bürgersteig. Die Betonteile reichen so dicht an die Gebäude heran, dass nicht einmal eine Feuerwehrleiter dazwischenpasst. Aber in den Stationen hängen ja die Handfeuerlöscher.

Ich lasse mir den Skytrain nicht vermiesen, ich freu mich auf die gemütlich leeren Züge, die im Zweieinhalb-Minuten-Takt verkehren sollen. Umfragen haben nämlich ergeben, dass niemand so recht damit fahren will: Für normale Bangkoker wird das Ticket mit 70 Pfennig bis über 2 Mark viel zu teuer sein. Und wer sich in Bangkok einen Mercedes leisten kann, würde sich nicht einmal tot in einem öffentlichen Transportmittel sehen lassen. Jutta Lietsch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen