■ Nazi-Bunker fallen: Tiefenenttrümmerung
Es gibt Tage, da landet die schwarz-rote Koalition auch mal einen Treffer. Beim Thema „Erhalt der Führerbunker-Reste“ auf dem Areal an der Wilhelmstraße schmetterte sie gestern im Kulturausschuß den bündnisgrünen Antrag zurück, die vergrabenen Fundamente zu sichern und diese gar noch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch den sogenannten Fahrerbunker mit heroischen Abbildungen von SS-Wachmännern im Germanenlook wollten die Grünen aus falsch verstandener Geschichtsmächtigkeit bewahren. Diese Wandbilder, das bleibt ihr Teilerfolg, sollen medial dokumentiert und für ein zukünftiges Museum aufbewahrt werden.
Daß nun kein „Bunkermuseum“ mit leicht schaurigem Horror kommt, sondern eine Überbauung mit Gebäuden für die Landesvertretungen sowie für Wohnungen und Sportplätze stattfinden kann, ist gut so. Denn die Reste aus der Nazi-Zentrale sind nicht nur nichts wert. Sie liegen unter einem Ort, dessen Geschichte längst untergegangen ist und dessen Spuren nur mehr verhängnisvoll sind. Schon in einem Gutachten der Stiftung Topographie des Terrors hieß es, daß der Erkenntniswert der Funde relativ gering sei. Hitlers Bunker sei heute schon völlig überbaut, und bei den Wandbildern handle es sich um naive Schmierereien unfähiger Anstreicher, die in jedem Nazi-Kunstband besser rüberkommen.
Doch nicht nur der Wert der Bilder ist fragwürdig. Fragwürdig wäre auch der Umgang mit einem authentischen Ort, von dem die Vergangenheit nichts mehr übriggelassen hat. Ständen die Ruinen noch, könnten sie Bedeutung für uns heute haben. Wo aber soviel zerbröckelt ist, blüht nur noch der faschistische Mythos. Und den Alptraum wollten die Grünen sowieso nicht beleben. Rolf Lautenschläger
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