Naturgelände Tempelhof: Seltene Vögel lieben Tempelhof
Der Senat verschweigt die Bedeutung des Flugfeldes Tempelhof für seltene Pflanzen und Tierarten, so die Grünen. Er halte deswegen ein Gutachten unter Verschluss.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hält offenbar ein Gutachten unter Verschluss, das die Bedeutung des Flughafens Tempelhof für den Biotop- und Artenschutz beweist. Bereits seit September 2006 liegt der Senatsverwaltung das Ergebnis einer Untersuchung vor, die sie 2004 in Auftrag gegeben hat. Demnach beherbergt das 386 Hektar große Gelände eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten, die zum Teil vom Aussterben bedroht sind. Etwa vier Fünftel der Fläche werden als "besonders wertvolle" Lebensräume eingeschätzt. Sie befinden sich vor allem zwischen den beiden Start- und Landebahnen. Zudem werden 52 Prozent der dort lebenden Vogelarten als besonders gefährdet eingestuft.
So haben die vier Gutachter - Experten für Biologie und Flora - herausgefunden, dass 20 bis 25 Prozent des Berliner Lerchenbestandes in dem Gebiet zu Hause ist. Von den insgesamt 236 Bienen- und Wespenarten, die auf dem Gelände nachgewiesen wurden, galten drei bisher sogar als ausgestorben. Die Experten betonen daher, dass bei der weiteren Planung zur zukünftigen Nutzung des Geländes dessen herausragende Bedeutung für den Naturschutz mit berücksichtigt werden muss. Der Flughafen Tempelhof soll Ende Oktober 2008 geschlossen werden. Bisher ist völlig unklar, was danach mit dem Gelände passieren soll.
Die Grünen glauben den Grund zu kennen, warum der Senat die Studie noch nicht veröffentlicht hat. "Wenn der Senat dem Gutachten Folge leisten will, muss er sich in seiner Planung sehr einschränken", sagt die Landesvorsitzende der Grünen, Irma Franke-Dressler. Sämtliche Ideen, die Bürger in einer Online-Befragung des Senats vorgeschlagen hätten, wären nicht mehr realisierbar. Selbst wenn man dem am häufigsten genannten Wunsch nach einer Grünfläche nachkommen würde, wäre das Problem des Naturschutzes noch nicht geklärt.
Die Grünen sind dafür, aus dem Areal einen "Berliner Centralpark" als "grüne Lunge der Stadt" zu machen. Die Ergebnisse des Gutachtens dürften dabei aber nicht unter den Tisch fallen.
Das Gutachten sei eine rein senatsinterne Angelegenheit, dessen Bestandsaufnahme selbstverständlich in die weiteren Planungen mit einfließen werde, sagt hingegen Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Neben der Sicht der Naturschützer müsse das Gebiet aber auch unter städtebaulichen und verkehrstechnischen Fragen betrachtet werden. An eine komplette Bebauung werde nicht gedacht, so Damianakis. Wenn überhaupt, solle in Zukunft lediglich das Randgebiet bebaut werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld