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Archiv-Artikel

Nato soll ihre Afghanistan-Strategie ändern

Bundeswehrverband kritisiert die Tötung Unschuldiger. Grüne lassen offen, ob sie Tornado-Einsatz zustimmen

BERLIN taz ■ Die Nato-Außenminister beraten heute in Brüssel über die Lage in Afghanistan. Ein Thema ist der geplante Einsatz von deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeugen. Damit würde die Bundeswehr, die bisher vor allem im Norden tätig ist, ihr Engagement verstärken. „Mit der Lieferung von Aufklärungsergebnissen sind wir Teil des militärischen Kampfes gegen den Terrorismus in Südafghanistan“, machte der Chef des Bundeswehrverbandes deutlich.

Während Union und SPD bereits Zustimmung signalisierten, lehnt die Linkspartei den Einsatz ab. FDP und Grüne lassen noch offen, ob sie bei der Abstimmung im Bundestag, die am 2. März stattfinden soll, Ja sagen werden.

„Das ist in zweifacher Hinsicht der direkte Eintritt in den Krieg“, sagte Linksfraktion-Sprecher Hendrik Thalheim der taz. „Erstens werden britische Flugzeuge entlastet, die dann Bomben werfen können. Zweitens dient die Aufklärung der Vorbereitung auf die Nato-Offensive im Frühjahr.“ Die Linke werde deshalb mit Nein stimmen.

Es gebe auch in seiner Fraktion eine „erhebliche Skepsis“, was die Entsendung der Tornados angeht, erklärte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei. In die anstehenden Beratungen gehe man aber „ohne Vorfestlegungen“. Zur Begründung sagte Nachtwei der taz: „Wir wollen Einfluss nehmen.“ Wenn sie an einer breiten Mehrheit im Bundestag interessiert sei, müsse die Regierung Bedingungen erfüllen und „konkret klarmachen, für welche Zwecke die Tornados eingesetzt werden sollen“. Eindeutig schädlich für die Entwicklung in Afghanistan sei eine „einseitige Fixierung auf Kampfeinsätze bei Vernachlässigung von Aufbaumaßnahmen“, wie sie bei den USA und anderen Nato-Partnern im Süden und Osten des Landes zu beobachten sei. „Besorgniserregend“ nannte Nachtwei auch die offenbar geplante Ausweitung der Bombardierungen von Mohnfeldern mit Herbiziden.

Vor dem Nato-Treffen fordert Nachtwei „eine Korrektur der Strategie“ in Afghanistan. Das verlangte auch der Chef des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz. Er kritisierte, dass bei Bombenangriffen auf vermeintliche Terrorziele im Süden Afghanistans sehr viele Unschuldige getötet würden. „Das ist nicht vereinbar mit dem Ziel, die Menschen zu gewinnen.“ Man könne nicht für Menschenrechte werben und „gleichzeitig in dieser Weise wie bisher so genannte Kollateralschäden in Kauf nehmen“. Der Chef des Bundeswehrverbands äußerte „große Sorge“, dass die Bundeswehr „Bestandteil eines unverändert nicht sehr klugen militärischen Vorgehens“ werde, wenn die Nato-Strategie bleibe, wie sie sei.

Zu dem Tornado-Einsatz sagte Gertz, man müsse klar sagen, „wir gehen jetzt diesen einen Schritt, aber auch nicht weiter“. Er forderte klare Grenzen zwischen Aufklärung und Unterstützung von Bodenkämpfen aus der Luft. Gertz wies darauf hin, dass die Tornados Maschinenkanonen an Bord hätten und damit im Notfall Unterstützung leisten können. „Das muss man vorher sehr deutlich miteinander bereden und klare Trennungsstriche ziehen.“ LUKAS WALLRAFF

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