: Nationalstaat ist ein Paradigma
■ betr.: „Paradoxe Wiedervereini gung“ von Steven Uhly, taz vom 29./30. 8. 98
Der Nationalstaat ist weder in Deutschland noch sonstwo eine Realität, sondern ein Paradigma, das den Staat unbedingt mit einer Staatsnation verknüpft sehen will. Real leben in jedem Staat Gruppen, deren Staatsbürgerschaft unbestritten ist, deren Nation – verstanden als kultureller Hintergrund – aber mehr oder weniger von einander differieren kann. Ein Paradigma hilft als Ideengeflecht, Realitäten zu erklären und zu beeinflussen, bleibt aber immer austauschbar.
Warum auch die politische Linke am Paradigma des Nationalstaates festhält, ist unverständlich. Staatliche und zwischenstaatliche Strukturen lassen sich mit besserer Aussicht für ein friedliches Zusammenleben nach anderen Gesichtspunkten gestalten. Im Sinn der 1948 verkündeten Menschenrechte liegt es, daß jeder Staat im Rahmen seiner Möglichkeiten soziale und kulturelle Ansprüche aller gleich honoriert. Superstaatliche europäische Strukturen sind wegen der kulturellen Vielfalt Europas dazu gezwungen. Darauf muß man aber nicht warten. Dietrich Jahn, Hannover
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