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NahverkehrBusfahren wird zum Luxus

Die Ticketpreise für Busse und Bahnen werden schon wieder teurer – um durchschnittlich 2,8 Prozent. Die Opposition kritisiert den Schritt als sozial unverträglich.

2,60 Euro statt bislang 2,40 Euro soll künftig eine Fahrt mit Bus und Bahn innerhalb von Berlin kosten. Bild: dpa

Busse und U-Bahnen werden ab dem 1. August teurer: Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) beschloss am Donnerstag, die Preise um durchschnittlich 2,8 Prozent zu erhöhen. Ein 2-Stunden-Ticket innerhalb Berlins kostet dann 2,60 Euro – 20 Cent mehr als bisher. Der Fahrschein für das Gebiet ABC kostet 3,20 Euro statt 3,10 Euro.

Die letzte Preiserhöhung liegt dann genau ein Jahr zurück: Schon damals stiegen die Preise um 2,8 Prozent. Der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes, Hans-Werner Franz, nannte nun die gestiegenen Kosten für Energie, Brennstoffe und Personal als Ursache. Die Preiserhöhung gilt für BVG, S-Bahn, Regionalzüge der Deutschen Bahn und für 37 weitere Verkehrsunternehmen in Berlin und Brandenburg. Laut Geschäftsführer Franz werden in Brandenburg die Personalkosten der Verkehrsunternehmen in den nächsten beiden Jahren um fast acht Prozent steigen. Diese zusätzlichen Kosten könnten nur zu einem kleinen Teil durch steigende Fahrgastzahlen ausgeglichen werden.

Die Preise für die Zeitkarten in Berlin steigen vergleichsweise moderat. Eine Monatskarte im Tarifbereich AB kostet 78 Euro statt 77 Euro. Der Preis für ein Schülerticket steigt von 28 Euro um 50 Cent. Eine vorab bezahlte Jahreskarte für Erwachsene kostet ab August 690 Euro statt 680 Euro. Neu im Angebot ist eine Vier-Fahrten-Kurzstreckenkarte zum Preis von 5,60 Euro.

Der Nahverkehr in Berlin finanziert sich zu rund zwei Dritteln über die Fahrkartenerlöse, das andere Drittel schießt das Land aus dem Haushalt zu. In Brandenburg ist der Anteil des Staates höher.

Der verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Harald Wolf, kritisierte, die Preiserhöhung sei „weder sozial noch verkehrspolitisch zu rechtfertigen“. Es sei nicht hinnehmbar, dass der Senat der S-Bahn wegen nicht erbrachter Leistungen Gelder kürze, die Fahrgäste aber höhere Preise zahlen sollen. Die S-Bahn dürfe „für ihre Schlechtleistung nicht auch noch belohnt werden“. Das Ziel, dass mehr Menschen auf Busse und Bahnen umsteigen, gelinge „nur mit attraktiven Tarifangeboten, die das reale Einkommen der Berlinerinnen und Berliner berücksichtigen. Eine Politik kontinuierlicher Fahrpreissteigerungen erreicht das Gegenteil.“

Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar forderte den Senat auf, „die Fahrpreiserhöhung abzulehnen und ein Entschuldungs- und Finanzkonzept mit der BVG zu vereinbaren“. Weder Senat noch VBB hätten „transparent gemacht, wieso eine weitere Fahrpreiserhöhung oberhalb der Inflationsrate in weniger als einem Jahr notwendig ist“. Statt einer Preiserhöhung forderte Gelbhaar „eine kontinuierliche Effizienzsteigerung und eine Erhöhung der Fahrgastzahlen“.

Auch die Preise für Schwarzfahrer sind nicht mehr sicher: Wer ohne ein gültiges Ticket erwischt wird, soll nach dem Willen der Verkehrsminister der Länder in Zukunft nicht mehr 40, sondern 60 Euro zahlen.

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8 Kommentare

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  • W
    Wolfgang

    Die Automobilindustrie und deren Dividendengesellschaften haben kein Interesse am öffentlichen Nahverkehr und sie beherrschen die (Lobby-)Politik. Nur wer pariert, der bekommt auch einen Posten ...

  • S
    Schneider

    "Busfahren wird zum Luxus"

     

    Senat kürzt Mittel bei der S-Bahn und holt sich zusätzliche Gelder von den Fahrgästen. Abzocke!!!

    Warum die S-Bahn und BVG wirklich Preiserhöhungen durchsetzen?

     

     

    Zitat:

    "Verlängerung der U5 vom Alex zum Brandenburger Tor: Im Sommer 2019 sollen die ersten Züge durch die nur 2,2 Kilometer lange Tunnelstrecke fahren. Ihr Bau ist mit 433 Millionen Euro veranschlagt – ..."

     

    Zitat:

    "Beschleunigungsprogramm: Fast 55 Millionen wurden ausgegeben, damit Busse und Straßenbahnen schneller durch den Verkehr kommen. „Erfolg“: Die Busse schaffen jetzt im Schnitt schwindelerregende 0,03 km/h mehr als 2008. Die Tram wurde sogar langsamer. Mit den Millionen wurden beispielsweise 880 Ampelanlagen mit Schaltungen ausgestattet, die Bussen und Trams Vorrang gewähren, bis 2016 sollen es rund 700 mehr sein."

     

    Zitat:

    "Ex-Hauptsitz Kleistpark: Ex-BVG-Chef Sturmowski wurde der Untreue bezichtigt. Grundlage für die Ermittlungen ist ein Bericht des Landesrechnungshofs. Der kritisiert, dass die BVG bei ihrem Umzug weniger Miete eingespart habe als angegeben – statt 2,73 Mio. nur 430.000 Euro. Es sei versäumt worden, günstigere Alternativ-Standorte zu den Trias Towers zu prüfen. Insgesamt sollen durch den Umzug 2,8 Mio. Euro vergeudet worden sein."

     

    Zitat:

    "Ausfälle durch Freifahrten und Ermäßigungen: Die BVG gewährt ihren Beschäftigten und Pensionären Freifahrten sowie deren Ehegatten Ermäßigungen. Im Jahr 2010 erhielten rund 27.000 Personen Freifahrten oder auch Ermäßigungen. Die daraus resultierenden Einnahmeausfälle betrugen für die Jahre 1998 bis 2010 mehr als 100 Millionen Euro."

     

    Zitat:

    "Undurchsichtiger Finanz-Deal: Die BVG verzockte sich bei einem komplizierten Wertpapiergeschäft. Noch beschäftigt der Deal die Gerichte, es drohen jedoch Forderungen von bis zu 100 Millionen Euro."

  • LC
    Lara Croft

    Als erstes müssen die BVG - und S - Bahn- Vorstandsgehälter leistungsgerecht ordentlich gekürzt werden!

     

    Und was ist mit Verkehrssenator Müller? Der ist doch total überfordert und hat keinen überzeugenden Plan, weder für eine soziale Mietenpolitik, noch für einen sozialen Nahverkehr in Berlin.

     

    Die vielen Armen werden vom SPD - / CDU - Senat an den Stadtrand vertrieben, wo sie (nach ihrer evtl. Zwangsräumung) am ehesten noch eine bzahlbare Bleibe finden können.

     

    Von da kommen sie dann nicht mehr weg, weil die Fahrscheine für Bus und U-/S-Bahn zu teuer sind. Fahren sie schwarz und können die Strafe dafür wiederholt nicht bezahlen, kommen sie in den Knast.

     

    Diese unsinnigen Knastaufenthalte kosten die SteuerzahlerInnen viel mehr, als von Vorneherein einen öffentlichen Nahverkehr mit sozialverträglichen bezahlbaren Preisen zu betreiben.

     

    Eigentlich muss der öffentliche Nahverkerkehr kostenlos sein.

     

    Das wäre auch finanzierbar, wenn man unzeitgemäße CO 2- bzw. Kerosin-Dreck- Bauprojekte wie die geplante Autobahnverlängerung der A 100 und das unendliche Milliardengrab BER-Flughafen stoppen würde.

     

    Aber die PolitikerInnen müssen ja ihren Amigo-Kumpels Bau-Aufträge sichern.

  • S
    Super

    Ich fahre nur mit dem Auto und empfinde gegenüber dem ÖPNV nichts als Verachtung.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Preis/Leistungsverhältnis stimmt nicht überein ,was die öffentlichen Verkehrsmittel in der Bundeshauptstadt Berlin betrifft.Es vergeht kaum ein Jahr wo nicht die Tickets erhöht werden.

  • E
    Emal

    Geschäftsmodell der BVG:

    1. Tickets teurer machen damit mehr Leute schwarzfahren

    2. Haufenweise Minijobber anheuern, um die Schwarzfahrenden abzuzocken

    2.1 Subventionen kassieren für das "Integrieren Unvermittelbarer in den Arbeitsmarkt"

    3. "Erhöhtes Beförderungsentgelt" weiter erhöhen; hoffen dass das die Kosten deckt

    4. Wenn das nicht klappt, nicht eintreibbare Forderungen ans Inkassobüro verhökern und wieder zurück zu 1.

  • V
    Verkehrsplanungsversagern

    Dafür können diese deutschen Verkehrsbetriebe im Gegenzug nicht für Transportmöglichkeiten von Fahrrädern sorgen. Es bleibt im Bus und in der Straßenbahn nur der eine Platz für den Kinderwagen. Den muss man räumen und aussteigen, wenn jemand mit Kinderwagen oder Rollstuhl kommt, obwohl man für das Rad den vollen Fahrpreis extra zahlen muss! Wieso schaffen es einige unserer europäischen Nachbarn das Problem zu lösen und wir nicht? Bahn, Bus und Rad würden sich bestens gegenseitig ergänzen und zusammen eine echte Alternative zum Berufsverkehr im Auto bilden.

     

    Die Stadtwerke der Bundesstadt (ha!) Bonn können oder wollen sich noch nicht einmal Winterreifen für ihre Busse leisten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich deswegen ein schwerer Unfall ereignet. Abgesehen davon bricht im Winter der Busverkehr regelmäßig zusammen.

     

    Aber immer mehr kassieren, vorzugsweise doppelt ohne Gegenleistung. In der Bundesstadt Bonn kommt es regelmäßig vor, dass sich Busfahrer verfahren. Zumindest hat das einen gewissen Unterhaltungswert.

     

    Ich komme leider immer wieder zu dem Schluss, dass Verkehrspolitik in Deutschland von Versagern gestaltet wird.

  • I
    ickmalwieder

    Über das Sozialticket wird erst gar nicht berichtet, sie zahlen im Verhältnis am meisten. Nach Angaben des Erwerbslosenausschusses sieht der Regelbedarf für Bezieher von Arbeitslosengeld II 19,44 Euro für Fahrten mit Bussen und Bahnen vor. Das Sozialticket sei damit um 85 Prozent teurer. Die Betroffenen müssten Differenz von 16,56 Euro durch Verzicht an anderer Stelle aufbringen.