■ Nachschlag: Datendiebe, Aliens und Heavy Metal auf dem Transmediafest im Podewil
Lemmy in Henning Lohners „In a Metal Mood“
„Wir sind schon in der Zukunft! Stell dir vor, du gehst mit deinen Hi-Tech-Apparaten nach Afrika... Du nimmst Sounds auf und machst Fotos und zeigst sie den Leuten. Die werden dich für das Superbeing halten.“ Der das sagt, ist Goldie, erster Star der Drum'n'Bass-Bewegung und einer der Protagonisten von „The Last Angel of History“, einer Koproduktion von Black Audio Film und ZDF. Regisseur John Akomfrah thematisiert das Phänomen der Verschränkung schwarzer Kultur mit Science-fiction. Als Alien, der durchs Programm führt, fungiert ein „Datendieb“ aus der Zukunft, der sich ins Land der afrikanischen Erinnerung aufmacht und zwischen den Statements schwarzer Technomusiker, Theoretiker, Schriftsteller und Astronauten vermittelt.
Die Topoi klassischer Science-fiction wie Entführungen durch Aliens und genetische Manipulationen sind für Greg Tate mythische Erzählungen aus der Zeit der Sklaverei. Sci-fi-Autor Samuel Delaney versteht umgekehrt die Vorstellung von Außerirdischen als Metaphern für die Situation von Afroamerikanern. Sie seien die wahren Aliens, ohne eigene Geschichte in einer Gesellschaft, die sie am liebsten zurückschicken würde. Delaney als Abkömmling afrikanischer Sklaven, irischer Einwanderer und Cherokee-Indianer sieht als möglichen Ort der Rückkehr nur den fremden Planeten.
Ein Alien ganz anderer Art wurde im zweiten Film von „Music, Metal and Space“ vorgeführt: Henning Lohners „In a Metal Mood“ begleitet den amerikanischen Crooner und Gesundheitsfanatiker Pat Boone auf seiner Reise ins Land von Heavy Metal. Daß Boone eine Platte mit Heavy-Klassikern von einer Bigband einspielen lassen will, läßt nicht nur den Mitmusikern des vom Alkohol schwer gezeichneten Ozzy Osbourne den Mund offenstehen. Lohner besuchte neben Boone die Größen des Genres und legt erstaunliche Gemeinsamkeiten offen. So groß ist der Unterschied zwischen dem Familienvaterleben eines Iron-Maiden-Bandleaders und dem des Schlagersängers dann doch wieder nicht. Wäre da nicht Motörheads Lemmy, der im Himmler-Outfit über die verkommene Spezies sinniert: Außer der Massenvernichtung habe man in den letzten zweitausend Jahren ja offensichtlich nichts optimiert. Ulrich Gutmair
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