■ Nachschlag: Matthias Messmer inszenierte Alexej Schipenkos „Der Tod van Halens“ im Carrousel Theater
„Der Tod van Halens“ ist ein Theaterstück von Alexej Schipenko aus dem Jahr 1987. Aber es stirbt dort keiner. So heißt bloß die Show im Zentrum des Stückes, für die Bühnenbildner Bernd Schneider das ganze Carrousel Theater um 180 Grad gedreht hat. Dort wurde es von Matthias Messmer zum ersten Mal in Deutschland inszeniert. Das Publikum sitzt auf der Bühne und blickt von hinten auf den Eisernen Vorhang, der die Bühne wiederum in zwei Teile teilt.
Das Stück spielt, als auch Europa noch von einem Eisernen Vorhang geteilt war, in Moskau, Ende der achtziger Jahre. Dort lebt der Rockmusiker Kolja (mit schulterlangem Haar: Arnim Beutel) mit Freundin Mascha (Vera Kreyer). Der träumt vom unerreichbaren New York, von einer tollen Gitarre und seinem amerikanischen Idol, dem Rockmusiker van Halen. Mit den Kumpels aus der Band philosophiert er über die Rockmusik an sich: „Unsere Kunst hat damit zu tun, daß Jungen und Mädchen sich küssen. Und dann entdecken sie Gott. Sie liebt dich, ja! Ja! Ja! – eigentlich eine völlig russische Herangehensweise.“
Weil Träume manchmal wahr werden, steht auf einmal das Idol van Halen (in schwarzem Lack: Michael Mienert) mitten in Koljas abgewrackter Bude. Und weil Kolja dessen Stücke besser als er selber kennt, bringt er dem amerikanischen Freund erst mal bei, wie man sie richtig spielt. Von der Sowjetunion lernen heißt Gitarre spielen lernen. Oder so.
Was dann kommt, ist ein Märchen aus dem Kalten Krieg. Kolja hat plötzlich van Halens schwarzen Batman-Umhang mit den Dollars und dem Flugticket drin. Er nutzt die Chance und fliegt damit nach Amerika. Tauscht mit van Halen Leben, Gitarre und Freundin. Da hebt sich auch der Eiserne Vorhang, und im Scheinwerferlicht steht Kolja, der Rockstar, vor dem leeren Zuschauerraum. Ein imaginäres Publikum jubelt ihm zu. Doch Kolja weiß nicht recht, was er mit der Freiheit und dem Leben, das er jetzt hat, anfangen soll. Auch Alexej Schipenko macht nicht viel aus der Geschichte, die er hier erfunden hat. So missioniert Kolja das oberflächliche Amerika mit russischem Tiefsinn, derweil der echte van Halen meist apathisch auf Koljas Moskauer Bett liegt, ein russisches Lied von Mascha lernt und vom letzten Geld Koljas kaputte Klospülung reparieren läßt. Irgendwann tauschen sich die beiden dann selber wieder aus, und alles ist, wie es vorher war. Ein Stück von Gestern, dem der Sprung ins Jetzt nicht so recht geglückt ist. Esther Slevogt
Nächste Vorstellungen: 5.5. (19 Uhr) und 7.5. (18 Uhr) im Carrousel Theater an der Parkaue 29
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen