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■ NachschlagVom Ausrasten im Pausenhof: Das Theater Strahl zeigt „Gleich knallt's“

Caro finden alle zu dick. Boris kommt aus Rußland. Lena wird von ihrer überforderten Mutter überfordert. Golzo ist schwul und traut sich's nicht zu sagen. Börnie kriegt keine Lehrstelle. Jeder der fünf Jugendlichen kämpft dagegen an, kleingemacht und ausgelacht zu werden. So gründen sie zusammen eine Band, und von Anfang an ist klar: Gleich knallt's. Golzo verliebt sich in Boris, Börnie will was von Lena, wird von seinem Vater verprügelt und ist eifersüchtig auf „den Russki“, Caro bekommt Hausarrest, und im rechten Moment taucht Kumpel-Charismatiker Siggi auf, um Börnie für seine deutschtümelnden „Gemeinschaftsabende“ zu gewinnen.

Regisseur Günter Jankowiak und das Ensemble des Theater Strahl, seit über zehn Jahren bekannt für sozialkritisches Jugendtheater, holen mit ihrer neuesten, auf Gesprächen, Umfragen und Improvisationen basierenden Inszenierung zum thematischen Rundumschlag aus: Homosexualität, zerrüttete Familien, versklavende Schönheitsideale, Ausländerfeindlichkeit, Arbeitslosigkeit und rechtsradikale Gewalt. Mit diesem schweren Bündel sozialer Probleme werden die fünf Figuren beschnallt und zurück in den Schulalltag geschickt, wo alles scheitern muß – von der Englisch- Klausur bis zur ersten Liebe. Einerseits versuchen die Strahlianer, jene Vielzahl von Ursachen zu rekonstruieren, die zum brutalen Ausrasten im Pausenhof führen. Andererseits retten sie die etwas konstruierte Ladung an Pubertätsstreß durch Situationskomik, Dialogwitz und ein offenes Ende vor dem didaktischen Zaunpfahl.

Den jugendlichen Zuschauern werden dabei Konzentrationen und Imaginationskraft abgefordert. Das mit ein paar Kartons völlig abstrakt gehaltene Bühnenbild bietet keinerlei Erklärungen: den Karstadt-Eingang, an dem Börnie und Lena sich zum ersten Mal küssen, muß man sich ebenso selbst ausmalen wie die Laube von Golzos Onkel, in der es vor unsichtbaren Spinnen wimmelt. Alle SchauspielerInnen wechseln zwischen mehreren Rollen, fallen daraus jedoch immer wieder heraus, indem sie – Brecht für die Jugend – erzählen und kommentieren, was die Rollenfiguren gerade denken. Das schlaucht – und wer das kapieren will, muß mitdenken! Eva Behrendt

Theater Strahl im Jugendzentrum Weiße Rose, Martin-Luther-Str. 77; nächste Termine: 23., 25., 26., 29 Juni, 6., 7. Juli

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