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■ NachrufJens Scheer ist tot

Jens Scheer ist tot. Mehrere Monate lang schon hatte ihn eine schwere Herzerkrankung außer Gefecht gesetzt.

Unser Bild zeigt ihn, wie viele ihn kennen - nicht nur in Bremen: Wackersdorf, 1986. Jens Scheer agitierte, wo er ein Mikrophon zur Verfügung hatte. Als Physik-Professor war er ein Experte und gefragter Redner auf allen Anti-AKW-Veranstaltungen. In der Zeit der großen Brokdorf-Demos wurde er zum Anti-Helden der Medien: Der Professor mit Lederjacke, der auch militante Aktionen für erforderlich hielt.

Die AKW-Bertreiber wollten sich damals gegen die Demonstration mit einem Wassergraben schützen. Tagelang hatte Jens Scheer sich in Brokdorf aufgehalten, auch mit der Bevölkerung geredet, er kannte Bauern, die in den Scheunen Baumstämme und anderes Material lagerten. Jens Scheer war bei denen, die die Überwindung des Grabens organisierten. Der Bremer SPD-Senat betrieb unter öffentlichem Druck seine Entlassung aus dem Hochschuldienst – Berufsverbot. Das OVG hielt aber die Zugehörigkeit zur KPD nicht für einen Rausschmiß-Grund.

Zum Medienliebling wurde Scheer dann, als alle Blicke sich auf die Tschernobyl-Katastrophe richteten. Scheer hatte die chinesischen Genossen freundschaftlich vor der Atom-Technologie gewarnt und die sowjetische Katastrophen-Technologie schon früh in aller ideologischen Feindschaft und Schärfe kritisiert.

Anfang der 70er Jahre hatte Scheer an der FU eine große Reform des Physik-Studiums betrieben. Wahrscheinlich hatte er gehofft, an der Reformuni Bremen das umsetzen zu können, was er in Berlin versucht hatte. In seinem Kreis der Studierenden war er immer sehr beliebt. Wissenschaftlich befaßte er sich zuletzt mit Röntgenfloureszenz, einer Methode zum Nachweis von Spurenelementen (Schadstoffen). K.W.

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