Nachruf: Feind der Schulmedizin
■ Der umstrittene Mediziner Julius Hackethal ist 75jährig an Lungenkrebs gestorben
Rosenheim (dpa) – Deutschlands umstrittenster Mediziner ist tot. Julius Hackethal starb am Freitag überraschend im Alter von 75 Jahren an Lungenkrebs, wie seine Klinik am Chiemsee mitteilte. Er hatte stets behauptet, er leide an dem ungefährlichen „Haustierkrebs“ an der Prostata. Tatsächlich starb er an den Folgen des von ihm so bezeichneten „Raubtierkrebses“ an der Lunge.
Seinen letzten kontroversen Auftritt in der Öffentlichkeit hatte der stets streitbare Chirurg im Juni, als er nach dem Tod des Schauspielers Helmut Fischer erklärte, dieser habe ihn um die „Todesspritze“ gebeten, die er aber verweigert hatte. Daraufhin war ihm vorgeworfen worden, er habe seine ärztliche Schweigepflicht gebrochen.
Der 1921 geborene Hackethal wurde 1962 in Erlangen zum Professor ernannt. Ein Jahr später warf er seinem damaligen Chef, dem renommierten Chirurgen Gerd Hegemann, öffentlich zahlreiche Kunstfehler vor. Er erhielt Haus- und Vorlesungsverbot und mußte Erlangen verlassen. Fortan trat er in zahlreichen Kunstfehlerprozessen als Sachverständiger gegen die Schulmedizin auf und schrieb mehrere medizinkritische Bestseller. Vor 13 Jahren beschaffte er einer unheilbar an Krebs erkrankten Frau Zyankali für ihren Freitod. Das Verfahren zum Entzug seiner ärztlichen Berufsausübung überstand Hackethal unbeschadet. Auch spätere Versuche, ihn wegen Verstößen gegen die Berufsordnung, diffamierende Äußerungen gegenüber der Schulmedizin und unkollegialem Verhalten seine Tätigkeit als Arzt zu unterbinden, konnten ihm letztlich nichts anhaben. Er leitete bis zu seinem Tod das Eubios-Zentrum in Rosenheim.
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