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Nachrichtenmagazine im VergleichDie Erklärung der Welt

Heute vor 30 Jahren gingen "Tagesthemen" und "heute-journal" zum ersten Mal auf Sendung. Wem man lieber zuguckt, ist Geschmackssache.

"Tagesthemen"-Moderator Wolf von Lojewski 1980 im Hamburger ARD-Studio - ab 1992 moderierte er das ZDF-"Heute Journal" Bild: ap

Die "Tagesthemen": Substanz statt Show

Da kann das ZDF noch so strampeln und auf die Marktanteile seines "heute-journals" pochen: Die ARD-"Tagesthemen" sind und bleiben das nachrichtlich-journalistischere Programm. Denn es braucht eigentlich keinen News Anchor, der bei genauerem Hinsehen ja doch nur ein besserer Nachrichtenonkel ist, um Inhalte zu transportieren. TV-Nachrichten sprechen aus der Stärke ihres Mediums heraus - also aus ihren Filmen. Die nötige Einbettung und Erklärung können dabei auch die KorrespondentInnen vor Ort oder der Off-Kommentar leisten.

MODERIEREN & VERLIEREN

Die "Tagesthemen" wurden bislang u. a. präsentiert von Klaus Stephan, Wolf von Lojewski, Ernst Dieter Lueg, Klaus Bednarz, Hajo Friedrichs, Ulrike Wolf, Sabine Christiansen, Ulrich Wickert, Anne Will. Derzeit moderieren Tom Buhrow und Caren Miosga.

Zu den Vorgängern von Marietta Slomka und Claus Kleber beim "heute-journal" gehören Dieter Kronzucker, Klaus Bresser, Ingeborg Wurster, Peter Voß, Ernst Elitz, Ruprecht Eser, Sigmund Gottlieb, Peter Hahne und Wolf von Lojewski.

Die Quoten des heute-journals lagen 2007 zwar wieder deutlich über denen der Tagesthemen, doch beide Sendungen haben mit stetig sinkenden Marktanteilen zu kämpfen. Die Tagesthemen haben deswegen für 2008 einen Relaunch angekündigt.

Natürlich hilft so ein News-Onkel, was den Wiedererkennungswert und - wenn alles gut geht - die Glaubwürdigkeit der ganzen Veranstaltung betrifft. Und hier hinken die "Tagesthemen" tatsächlich hinterher: Tom Buhrow scheint zwar inzwischen mal jemand gesagt zu haben, dass er während der Sendung tatsächlich auf dem Bildschirm zu sehen ist. Trotzdem wirkt er weiter wie der bescheiden-gebührenfinanzierte ARD-Angestellte, der durch seine höfliche Zurückhaltung schon mal prophylaktisch um Verzeihung dafür bittet, dass er zu später Stunde mit so schwerer Kost in die Wohnstuben schneit.

Das hebt sich zwar wohltuend vom großspurigen "Ich erklär euch die Welt"-Duktus von Vorgänger Ulrich Wickert und ZDF-Matador Claus Kleber ab, ist hier aber leider fehl am Platze. Die Dame zeigt, wies besser geht: Caren Miosga hat die Präsenz und Souveränität für den Job, nur mangelt es bei den weiblichen News-Ankerinnen ja angeblich an der gravitas. Wieso eigentlich?

Doch was die "Tagesthemen" tatsächlich zum armen Verwandten im Wettbewerb der Nachrichtenshows am früheren Spätabend werden lässt, ist der hausgemachte Irrsinn im Ersten: Es reicht eben nicht, zu wissen, dass eine Sendung irgendwann jederzeit zwischen 22.00 und 23.30 Uhr beginnen kann. Nachrichten - das ist in Fernseh-Deutschland weiterhin Dogma - haben zu einem fixen Zeitpunkt anzufangen - und gefälligst auch zu enden. (STEFFEN GRIMBERG)

Das "heute-journal":Show mit Substanz

Meine Großeltern haben immer die "heute"-Nachrichten geguckt. Ich habe das nie verstanden, als Verwirrung des Alters abgetan, erschienen mir doch die "Tagesschau"-Sprecher viel vertrauenswürdiger, diese graumelierten Herren, die Lech Walesa formvollendet auszusprechen wussten. Ihrer Aura unerschütterlicher Seriosität hatten die ZDF-Kollegen nichts entgegenzusetzen - zumindest nicht in meiner Erinnerung.

Anderthalb Stunden nachdem die "Tagesschau"-Sprecher mit dem Vorlesen fertig waren, erschien in diesen Jahren meist ein zerknautschter Typ im Tweedsakko auf dem Bildschirm, der mir schnell ans Herz wuchs - obwohl er zur Konkurrenz gehörte und so ganz anders war als die älteren Herren im Ersten Programm. Sein salopperes Auftreten stach sofort ins Auge, doch dauerte es nur wenig länger, bis ich merkte, dass bei Wolf von Lojewski noch etwas anderes grundsätzlich anders war: Er gab zu, nicht alles zu wissen, nicht alles wissen zu können - ich bin mir noch nicht mal sicher, ob er Lech Walesa korrekt aussprach. Es war die Zeit, in der die Welt begann, den Fernsehbildern zu misstrauen, ihre Manipulierbarkeit immer mitzudenken. Ich lernte das durch Wolf von Lojewski. Er gab mir, was mir die älteren Herren im Ersten Programm nicht geben konnten: Hintergründe, Analyse, Meinungsfreude.

Seit mittlerweile mehr als vier Jahren sitzt auf seinem Platz ein anderer Mann, der sich noch schlechter hält als "Lojo" und trotzdem optisch mehr hermacht. Ein smarter Typ, dieser Claus Kleber. Das freut die Frauen - allen voran seine Kollegin Gundula Gause, die immer ein bisschen verknallt in den schönen Claus wirkt. Mich freut, dass sich inhaltlich beim "heute-journal" zum Glück kaum was geändert hat. Skepsis, sanfter Spott und Ironie gehören auch zu Klebers Handwerkszeug. Deswegen gucke ich "heute-journal". Und weil mir hochgezogene Augenbrauen wahrscheinlich einfach zu subtil sind. Mit meinen Großeltern hat das nichts zu tun. (DAVID DENK)

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