Nachhaltigkeit bei Geldinstituten: "Die Banken müssen noch viel tun"
Trotz anderer Beteuerung und ausgefeilter PR-Projekte berücksichtigen die großen Banken Nachhaltigkeitskritereien zu wenig, sagt Dietrich Wild von der Nachhaltigkeits-Rating Agentur oekom research.
taz: Herr Wild, Sie habe sich die großen Banken unter dem Aspekt des nachhaltigen Wirtschaftens angeschaut und sie mit einem Öko-Rating versehen. Wie grün und sozial sind denn die Banken?
Dietrich Wild: Sie haben erkannt, dass ökologische und soziale Aspekte mittlerweile zur Unternehmensführung dazugehören. Deshalb bauen auch Großbanken ihre Aktivitäten in diese Richtung aus. Aber sie müssen noch viel tun. Im Vergleich zu anderen Branchen schneiden die Banken insgesamt deutlich schlechter ab.
Woran liegt es?
Unter anderem an der mangelnden Transparenz. Es wird zu wenig berichtet, auch wenn wir nachfragen. Das ist vermutlich kein rein kommunikatives Problem. Wahrscheinlicher und zum Teil belegbar ist vielmehr, dass die Institute bei ihren Geschäften zu wenig Engagement zeigen und weit hinter ihren Möglichkeiten zurück bleiben.
Das bedeutet, sie vergeben zu viele Kredite für den Bau von umweltschädlichen Bauprojekten?
ist 35 und Research Director bei der Nachhaltigkeits-Rating Agentur oekom research in München.
Ja, zum Beispiel. Die Frage, inwiefern Nachhaltigkeitsstandards ein Kriterium für die Kreditvergabe sind, ist der wichtigste Faktor in unserem Rating. Es gibt ja die Equator Principles, mit denen sich die Unterzeichnerbanken verpflichten, ihre Projektfinanzierungen nach dem Vorbild der Weltbank-Gruppe auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu prüfen. Die haben einige Banken unterschrieben, andere nicht.
Zum Beispiel die Deutsche Bank.
Die Deutsche Bank hat nicht unterzeichnet, mit dem Argument, dass sie sich an eigenen Richtlinien orientiert. Die Equator Principles beziehen sich ausschließlich auf Projektfinanzierungen wie beispielsweise dem Bau von großen Staudämmen. Insofern ist es prinzipiell gut, wenn Banken eigene Leitlinien aufstellen, die auch für andere Geschäfte, zum Beispiel im Rahmen der Ausgabe von Unternehmensanleihen oder bei der Finanzierung von Maschinen für eine Papierfabrik in Südamerika gelten. Aber diese Regeln müssen dann auch umfassend sein und konsequent umgesetzt werden. Doch dabei hat die Deutschen Bank wirklich noch Nachholbedarf.
Wer macht es besser?
Die HypoVereinsbank hat bei uns das beste Rating bekommen. Sie hat die die Equator Principles nicht nur anerkannt, sondern auch eine überzeugende Kontrolle eingeführt. Die Kreditkunden müssen regelmäßig über die Einhaltung der Standards berichten. Und wenn sie das nicht mehr tun, kann die Bank den Kredit zurückrufen. Außerdem sucht die Bank den Dialog mit Nichtregierungsorganisationen.
Zu Beginn der Finanzkrise haben die Banken Besserung in der Art der Geldanlage gelobt. Haben Sie das gehalten?
Die Banken bieten ihren Kunden immer mehr nachhaltige Geldanlagen an. Wenn es aber um die eigenen Geschäfte und die Frage geht, wo die Bank selber Kapital investiert, haben wir bei keiner Bank umfassende Kriterien gefunden. Immerhin verzichten einzelne Banken mittlerweile bewusst auf die Anlage in Unternehmen, die mit Streumunition, Landminen oder Ähnlichem in Verbindung stehen.
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