piwik no script img

■ Nachgefragt"Wedemeier verarscht die Leute"

taz:Was halten Sie als SPD-Vorsitzender von Wedemeiers Asylvorstoß?

SPD-Landesvorsitzender Horst Isola: Ich bin verärgert, weil er die Diskussion mit der Öffentlichkeit und nicht mit der SPD führt. Er hätte schon am 19. Juni im Landesvorstand Gelegenheit gehabt, Stellung zum Diskussionspapier des Landesvorstandes zu nehmen. Und nächste Woche ist wieder Landesvorstand.

Und inhaltlich?

Entscheidend ist, daß der Bürgermeister aus dem Urlaub kommt und uns mit einer Diskussion beglückt, die mehr als überflüssig ist. Sein Vorschlag bedeutet: Grundgesetzänderung im Zusammenhang mit einer europäischen Regelung. Diese europäische Regelung, die er jetzt ganz aufgeregt ins Gespräch bringt, wird in diesem Jahrtausend nicht kommen, weil eine politische Union überhaupt nicht in Sicht ist.

Sie wollen nicht, daß Artikel 16 verändert wird?

Wenn das Ziel sein soll, die Flüchtlingsströme abzubremsen, dann bin ich bereit, mit dieser Zielrichtung eine Änderung zu diskutieren. Nur dann frage ich: Erreiche ich das mit dem Wedemeier-Vorschlag? Das bringt überhaupt nichts. Er meint offenbar, daß die Menschen, die in den westeuropäischen Ländern schon ein Verfahren durchlaufen haben, dann hier nicht nochmal Asylverfahren betreiben. Das waren im letzten Jahr knapp 100 Fälle. Das löst überhaupt kein Problem, das im Zusammenhang mit den Zuwanderern besteht. Es suggeriert der durchweg nicht informierten Öffentlichkeit, da liege eine Lösung für die Zuwanderungsproblematik. Das ist unverantwortlich.

Wedemeier sagt: 'Die Basis, zum Beispiel in Farge, will die Grundgesetzänderung. Das müssen wir ernst nehmen.'

Er muß die Basis über die Sinnhaftigkeit solcher Vorschläge aufklären. Der Basis einfach schlicht was zu erzählen, das reicht nicht, und deshalb bin ich ja so sauer.

Der Grüne Walter Ruffler sieht Wedemeier auf Konfrontationskurs.

Wedemeier belastet damit die Ampel. Er sagt zwar, 'ich äußere mich als Genosse', aber er ist nun mal Bürgermeister. Und er will ja auch eine Änderung unserer Position auf dem Parteitag. Wenn die Partei sich seiner Position anschließt, kann das keine positiven Auswirkungen auf die Koalition haben. Und vor dem Hintergrund des Mützelburg-Papiers solch eine unnötige Diskussion loszutreten, wo die Ampel ganz andere Probleme hat, das ist ein fahrlässiger Umgang mit der Koalition.

Hatte Wedemeier mit Ihnen schon über das Thema gesprochen?

Wir hatten ein kurzes Gespräch über das, was er gemacht hat, als ich gerade in Urlaub ging. Das ist ja jetzt schon die zweite Welle. Ich habe gesagt: 'Du hast doch Deine Erfahrung mit diesem Thema in der Sommerpause. Was soll der Unfug. Jedes Mal geht das in die Hose.'

Aber im letzten Sommer war Wedemeier noch gegen eine Änderung des Grundgesetzes.

Ja, ich erinnere an seine Bemerkung vom 15 Juli 1991: 'Wer Artikel 16 ändern will, betreibt Volksverdummung.' Das ist nach wie vor richtig. Es ist eine Verarschung der Leute. Fragen: hbk

hier bitte den

Mann mit Brille

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen