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Nachgefragt„Ein Verwaltungsakt“

■ Warum ein Widerspruch gegen die Müllgebühren für die BEB so teuer ist

Nachdem inzwischen rund 2.000 BremerInnen Widerspruch gegen die letzte Müllgebührenerhöhung eingereicht haben, verkündeten die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB), dies verursache Kosten von rund 300.000 Mark. Der Vermieterverband „Haus und Grund“ protestierte. Friedhelm Behrens ist Pressesprecher der BEB.

taz: Wieviel Widersprüche kommen bei den Bremer Entsorgungsbetrieben derzeit an?

Ungefähr hundert pro Tag.

Worauf beziehen sie sich hauptsächlich?

Sie beziehen sich auf die Berechnungsgrundlage für die Müllgebühren. Also nicht der Gebührenbescheid als solches wird als falsch erachtet, sondern die Berechnung der Müllgebühren, die in dem Bescheid ausgewiesen sind.

Gab es in der Geschichte der Entsorgungsbetriebe schon einmal eine solche Flut an Widersprüchen?

Nicht soweit ich mich erinnern kann.

Es heißt, jeder Widerspruch koste die BEB rund 150 Mark für die Bearbeitung. Wie kann das angehen?

Unsere Berechnungsgrundlage sieht wie folgt aus: Jeder Widerspruch zieht einen Verwaltungsakt nach sich. Der Verwaltungsakt bedeutet, man muß jeden Widerspruch und die auf ihre formale Korrektheit überprüfte Adresse erfassen, dann wird – das ist richtig – ein Serienbrief verschickt. Darauf kommt die Briefmarke. Alles wird archiviert und dokumentiert.

Jeder Brief, der bei uns eingegangen ist, wird zur Weiterbearbeitung an den Senator für Umweltschutz geleitet. Dort müssen sie angeguckt und noch einmal auf formale Richtigkeit überprüft werden. Dann kriegen wir sie wieder zurück und müssen den Widerspruch mit einem Schreiben beantworten.

Aber es sind doch schon vorgefertigte Widerspruchsschreiben, die da bei der BEB eintreffen?

Ja, die Leute tragen nur noch die Grundsteuernummer ein.

Was ist denn dann die großartige Prüfung, die noch stattfindet?

Die Grundsteuernummer beispielsweise muß gewissenhaft geprüft werden. Es ist eben ein Verwaltungsakt, und der kostet Zeit. Zur Kalkulation: Man kann wohl 50, 60 Mark Arbeitszeit rechnen. Dann kommen die ganzen anderen Kosten wie Raummiete, Schreibtisch, Computer dazu. Dann kommt man auf rund 150 Mark.

Müssen die KundInnen jetzt aufschrecken, wenn sie beispielsweise die Mülltonne umbeantragen, nach dem Motto, jede Kundin verursacht enorme Kosten?

Nein, das ist ja ein kleiner Verwaltungsakt. Sowas wird ja nicht großartig geprüft, sondern man schreibt der BEB, sagt 'ich will eine kleine Mülltonne', dann wird das ruckzuck erledigt. Ein paar Mark kostet das allerdings sicherlich auch.

Was passiert als nächstes mit dem Widerspruch?

Voraussichtlich werden die Widersprüche, wie Haus und Grund das gefordert hat, solange auf die Seite gelegt, bis per Normenkontrollverfahren eine Entscheidung getroffen wird. Das heißt, bis das Bremer Oberverwaltungsgericht die Berechnungsgrundlage, die Stammkapitalverzinsung und diese ganzen kritischen Punkte, geprüft hat. Das wird noch eine Weile auf sich warten lassen.

Das heißt, die BEB widersprechen dem Haus-und Grund-Chef nicht, im Gegenteil, sie sagen, 150 Mark kostet das eben.

Wenn Herr Richter meint, wir würden schlecht arbeiten, dann würde ich ihm raten, den Verwaltungsakt genauer zu prüfen. Er ist ja selbst Geschäftsmann und weiß, daß man nicht nur Arbeitszeit kalkulieren muß. Da kommt man auf diesen Betrag.

Könnten die BEB jetzt nicht selbstkritisch zugeben, daß das Procedere tatsächlich vereinfacht werden sollte?

Wir können es nicht vereinfachen. Es bleibt ein Verwaltungsakt, der per Widerspruch angeschoben wird. Da muß man einer bestimmten Rechtsvorschrift einfach Folge leisten. Jeder, der Widerspruch einlegt, kann erwarten, daß alles dokumentiert und beantwortet und nach dem Urteilsspruch entsprechend beschieden wird.

Fragen: Eva Rhode

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